Montag, 29. Februar 2016

Super Tuesday vor der Tür

Wahlkampf im House of Pancakes.
Mit der Primary der Demokraten endeten am Wochenende die Vorwahlen in South Carolina und Nevada, die vor einer Woche mit der republikanischen Vorwahl begonnen hatten. Es waren die dritte und vierte Vorentscheidung auf dem Weg zur Nominierung der Präsidentschaftskandidaten. Beide Vorwahlen konnten Hillary Clinton und Donald Trump für sich entscheiden.

Beide gehen deshalb mit Momentum, also besonderem Schwung, in den wichtigen Super Tuesday. An diesem Dienstag, dem 1. März, wählen beide Parteien in Alabama, Arkansas, Georgia, Massachusetts, Minnesota, Oklahoma, Tennessee, Texas, Vermont und Virginia. Bei den Republikaner stehen zudem Vorwahlen in Alaska, bei den Demokraten die in Colorado an. Bisher hat dieser Tag immer für eine Vorentscheidung gesorgt, auch wenn in diesem Monat noch ein weiterer Superwahltag ansteht: Am 15. März wählen Illinois, Missouri, North Carolina und die beiden für Präsidentschaftswahlen wichtigen Staaten Ohio und Florida. Während es so aussieht, dass das republikanische Rennen noch mindestens bis zum 15. März weitergehen wird, könnte das der Demokraten bereits an diesem Dienstag enden. 

Hillary Clinton hat nach ihrem überraschend knappen Sieg in Iowa und der Niederlage in New Hampshire alles richtig gemacht: Sie hat vor dem Caucus in Nevada tiefgestapelt. Anhand der schrumpfenden Umfragewerte hat sie so getan, als ob eine erneute Niederlage ihr nicht wehtun würde. Während Bernie Sanders redete, als stünde sein Sieg kurz bevor. Clintons Erfolg war mit 52,5 Prozent zwar knapp, aber auf diese Weise deutlicher als gedacht. In South Carolina, wo sie bereits vorher Favorit war, hat sie Sanders nun mit 73,5 Prozent der Stimmen hinweggefegt. Die Basis dieses Erfolges waren die schwarzen Wähler, unter denen sie sogar 86 Prozent der Stimmen erreichte. Dies alles lässt bei vielen starke Zweifel daran aufkommen, ob Sanders über die nötige Unterstützung verfügt, um diese Vorwahlen oder gar die Präsidentschaftswahlen für sich zu entscheiden. Hillary Clinton hat das Momentum.

Auch bei den Republikanern gibt es seit dieser Woche einen unangefochtenen Frontrunner: Donald Trump. Er hat, ebenso wie Hillary Clinton, eine Umfragemehrheit in den meisten der Super-Tuesday-Staaten. Trotzdem dürften sich die Reihen seiner Mitbewerber auch nach Dienstag nicht wesentlich lichten. Die Gründe dafür sind ganz individuell:

1. Marco Rubio: Er bleibt, denn er ist die größte Hoffnung des republikanischen Establishments um Trump noch zu stoppen. Zwar bleibt auch John Kasich im Rennen, doch Rubios Umfragezahlen sind in den meisten Staaten deutlich besser. Ob er jedoch in der Lage ist, tatsächlich auch Mehrheiten zu gewinnen, muss Rubio erst noch beweisen. Selbst in seinem Heimatstaat Florida, in dem jedoch erst am 15. März gewählt wird, liegt er in Umfragen deutlich hinter Trump. Dies könnte eine schwere Hypothek für ihn werden. In dieser Woche setzt er seine Hoffnungen auf ein gutes Abschneiden in Virginia.

2. Ted Cruz: Der Senator kann, anders als sein Amtskollege Rubio, auf seinen Heimatstaat zählen und bleibt deshalb im Rennen. In Texas, wo am Dienstag die meisten Delegiertenstimmen vergeben werden, liegt er in Umfragen vor Trump. Jedoch hat der Überraschungssieger von Iowa, je weiter man nach Norden kommt, deutlich schlechtere Umfragewerte. Ob er landesweit eine Mehrheit gegen Trump organisieren kann, bezweifeln viele. Nach dem Ausscheiden von Jeb Bush wurde Cruz zudem zum neuen Lieblings-Punchingball von Donald Trump, der ihm - wo er nur kann - Lügen und Schmutzige Tricks vorwirft. Seine evangelikalen Stammwähler hat ihm Trump in South Carolina auf diese Weise bereits abspenstig gemacht.

3. Ben Carson: Weshalb der ehemalige Neurochirurg mit der sanften Stimme noch im Rennen ist, erschließt sich kaum jemandem. Carson liegt in allen Vorwahlstaaten abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. Bei keiner der bisherigen Vorwahlen konnte er zweistellige Ergebnisse erzielen und es sieht auch nicht so aus, als ob sich das am Super Tuesday ändert.

4. John Kasich: Glaubt man aktuellen Umfragen, ist der Gouverneur von Ohio der einzige republikanische Bewerber, der Hillary Clinton bei der Präsidentschaftswahl schlagen könnte. Dies dürfte ihm Mut machen, auch nach dem Super Tuesday weiterzumachen. Anders als Carson, mit dem er sich bislang die hinteren Plätze teilt, kann Kasich auf einen starken zweiten Platz in New Hampshire verweisen. Am Dienstag kann er auf gute Ergebnisse in Vermont und Massachusetts hoffen. Sie könnten ihm Rückenwind für den 15. März geben, wenn sein Heimatstaat Ohio wählt. Dort liefert er sich in den Umfragen ein Kopf an Kopf Rennen mit Trump. Kasich hat angekündigt, im Falle einer Niederlage in Ohio seine Kandidatur zu beenden.

Diese Zersplitterung des republikanischen Bewerberfeldes, da sind sich fast alle einig, spielt Donald Trump auch weiter in die Hände. Allerdings könnte es, wenn es Trump nicht gelingt, über die Hälfte aller Delegiertenstimmen für sich zu gewinnen, dazu kommen, dass die Entscheidung erst auf dem Parteitag der Republikaner fällt. Nachdem die meisten Delegierten im ersten Wahlgang verpflichtet sind, für den jeweiligen Kandidaten zu stimmen (pledged delegates), fällt diese Bindung in den weiteren Wahlgängen weg. Sollte es dazu kommen, sinken Trumps Chancen rapide. Auch dies dürfte eine Hoffnung sein, die viele Kandidaten im Rennen hält.  

tl;dr: Am Dienstag ist Super Tuesday. Danach könnte Hillary Clinton bereits als Präsidentschaftskandidatin feststehen. Bei den Republikanern dürfte das noch dauern, denn es sind zu viele Kandidaten im Rennen.

Freitag, 26. Februar 2016

Kugelahorn: Nur Verlierer

Willichs erster Bürgerentscheid ist vorbei. Die Koalition aus Union, SPD und Liberalen hat die Abstimmung über die Kugelahornbäume verloren. Die Bäume werden dennoch gefällt, denn die Bürgerinitiative hat das erforderliche Quorum verpasst. Die Stadt hat das Verfahren mehr als 90.000 Euro gekostet. Es gibt nur Verlierer.

Wenn Bürgerentscheide scheitern, dann meist an der Wahlbeteiligung. Das war schon vorher kein Geheimnis und hat sich nun auch in Willich bestätigt. Von 41.516 Wahlberechtigten nahmen nur 7338 an der Abstimmung teil. Das ist eine Quote von lediglich 17,4 Prozent. Von Anfang an hat das Thema die meisten Bürger einfach nur genervt.

Die drei Parteien haben das weitgehend ignoriert und das Thema mit einer großen Kampagne noch weiter aufgepumpt. Eine eigene Facebookseite, Flyer, Roll Up Displays, Infoveranstaltungen, Canvassingstände und Hausbesuche entsprechen vom Aufwand fast schon einer Kommunalwahl. Dabei hätten die Baumfreunde auch ohne diesen Aufwand nicht genug Wähler mobilisiert, um das erforderliche Quorum zu erfüllen. Man hätte sich viel Geld, Zeit und Nerven sparen können.

Wie sehr sich die drei Parteien bei der Bewertung des Themas verschätzt haben, zeigt sich am Endergebnis. Trotz des Einsatzes ihrer ganzen Organisationsmacht kamen die Baumgegner nur auf 42,9 Prozent der Stimmen. Bei der letzten Kommunalwahl erreichten sie zusammen noch 86,73 Prozent. Eine gelungene Mobilisierung sieht anders aus.

Die Baumfreunde hingegen gehören nicht nur zu den Verlierern, weil sie das für die Rettung der Bäume nötige Quorum verpasst haben. Vielmehr haben sie auch vorher alle Angebote ausgeschlagen, die zum Erhalt der Kugelahorne oder zu Ersatzpflanzungen geführt hätten. Auch die Grünen, die sich als Partei hinter die Baumfreunde gestellt haben, müssen sich nach ihrer Rolle fragen lassen. Für 90.000 Euro hätte man viel für bessere Grünflächen in Willich tun können.

Damit wären wir bei der Stadtverwaltung. Sich über die Kosten oder die 135.000 Blatt Papier und 27.000 Liter Wasserverbrauch zu beschweren, die dort beim Bürgerentscheid zur Rettung von 20 Bäumen angefallen sind, ist müßig. Die Bürgerinitiative hat ein demokratisch verbrieftes Recht wahrgenommen. Ärgerlicher ist es, dass die Ratsfraktionen es nicht geschafft haben, das Thema im Vorfeld abzuräumen. Gerade die Grünen hätten die Chance besessen, das Verfahren in andere Bahnen zu lenken. 

Zuletzt ist das Ergebnis auch ein Weckruf für das Technische Dezernat. Seien wir ehrlich: Der renovierte Kaiserplatz war ein Klotz am Bein derer, die für eine Umgestaltung des Marktes geworben haben. Lebensqualität kann man nicht mit grauen Steinen bauen.

tl;dr: Willichs erster Bürgerentscheid ist vorbei. Die Bürgerinitiative hat die Abstimmung gewonnen, die Bäume werden dennoch gefällt. Es gibt nur Verlierer.

Samstag, 20. Februar 2016

High Noon für Jeb!

Kein Nachname, ein Ausrufungszeichen: Jeb Bush
Für Jeb Bush geht es heute bereits um Alles. Seine Kampagne hatte vollmundig erklärt, dass South Carolina Bush-Country sei. Enttäuscht er auch hier die Erwartungen, könnte seine Bewerbung als Präsidentschaftskandidat bereits heute am Ende sein.

Aber der Reihe nach: In dieser Nacht finden die nächsten Vorwahlen zur kommenden US-Präsidentschaftswahl statt. Abgestimmt wird in gleich zwei Bundesstaaten: In Nevada und im bereits erwähnten South Carolina. Besonders an diesen Wahlen ist, dass heute in Nevada nur die Demokraten wählen und in South Carolina nur die Republikaner. Erst am Dienstag stimmen dann die Republikaner in Nevada ab und am nächsten Samstag schreiten die Demokraten South Carolinas zur Wahlurne.

Eine zweite Sache unterscheidet die Abstimmungen zudem: Während in South Carolina eine Primary, also eine Vorwahl wie zuletzt in New Hampshire stattfindet, wird in Nevada per Caucus  - also wie zuvor in Iowa - abgestimmt.

Auch dieses Mal lohnt es sich zuzuschauen, denn nicht nur für Jeb Bush wird es spannend. Auch wenn es stark danach aussieht, dass Donald Trump auch bei dieser republikanischen Vorwahl wieder vorne landet, gibt es Einiges zu beobachten. Nicht umsonst gilt South Carolina als der Staat, in dem der Wahlkampf oft schmutzig wird.

Marco Rubio scheint sich nach seinem schlechten Abschneiden in New Hampshire wieder zum Hoffnungsträger des republikanischen Establishments zu mausern. In South Carolina sicherte er sich auf diesem Weg die wichtigsten Unterstützer, die sogenannten Endorsements, unter den lokalen Republikanern. Sicherlich am wichtigsten: Die Unterstützung der beliebten Gouverneurin Nikki Haley.

Rubio liefert sich den Zweikampf um den Platz hinter Donald Trump dabei mit Ted Cruz, der im Bible Belt auf die große Anzahl an evangelikalen Wählern setzt. Um genau diese Gruppe buhlt jedoch auch Trump, der Cruz deshalb in den vergangenen Tagen hart angegriffen hat. Cruz werbe zwar mit der Bibel, so Trump, aber sei eigentlich der größte Lügner im Kandidatenfeld. Dass Trump überraschend vom Papst als unchristlich kritisiert wurde, scheint ihn bei seinen Attacken nicht zu stören. Im Gegenteil: „The Donald“ hat dem Papst bereits medienwirksam vergeben. Mehr schaden könnte ihm hingegen seine im Fernsehen geäußerte Kritik am Irakkrieg. Schließlich ist das Militär im Palmetto State gleich mit acht Stützpunkten vertreten.

Auf den weiteren Plätzen findet sich mit John Kasich der Überraschungszweite von New Hampshire. Er durfte sich in den vergangenen Tagen über jede Menge Aufmerksamkeit der Medien freuen. Ob dieses Momentum noch rechtzeitig kam, um seine Kampagne durch die kommende Vorwahl zu tragen, wird sich zeigen. Zumindest sorgte er bei einem Townhall-Meeting an der Clemson University für den emotionalsten Moment der vergangenen Wochen.

Bei der Konzeption seiner Präsidentschaftskampagne hatte Jeb Bush seinen Nachnamen ganz bewusst durch ein Ausrufezeichen ersetzt. Auch wenn die Präsidentschaft seines älteren Bruders in den USA zuletzt immer besser beurteilt wurde, wollte er sich aus dem übergroßen Schatten seiner Familie lösen. Dass er in den vergangenen Tagen jedoch gemeinsam mit seinem Bruder und seiner Mutter zu Wahlveranstaltungen quer durch South Carolina reiste, zeigt seine ganze Verzweiflung.  Punktet er hier nicht, könnten sich weitere Spender und Unterstützer von ihm abwenden. Die Zukunft seiner Kampagne ist in ernsthafter Gefahr.

Ach ja, Ben Carson. Er ist auch noch im Rennen um die republikanische Nominierung. Im Süden könnte er von der höheren Anzahl an afro-amerikanischen Wählern profitieren. Seinen Schwung vom letzten Jahr scheint er jedoch nachhaltig verloren zu haben. Für ihn gilt das Staatsmotto South Carolinas: Dum Spiro Spero – Solange ich atme, hoffe ich.

Bei den Demokraten hat sich Bernie Sanders in den Umfragen der vergangenen Tage bedrohlich nah an Hillary Clinton herangeschoben. Dabei wollte sie in Nevada, mit seiner großen Anzahl an Hispanics – immerhin fast 27 Prozent, endlich deutlich gegen den Senator aus Vermont punkten. Ihre Mehrheit in dieser Wählergruppe ist so groß, dass Hillary, würde nur die spanischstämmige und afroamerikanische Minderheit in den USA abstimmen, quasi schon als Präsidentin fest stände.

Doch selbst wenn es heute knapp werden sollte: Spätestens wenn die Demokraten in einer Woche in South Carolina wählen, kann sie ganz beruhigt sein. In den letzten Umfragen dominiert sie Bernie Sanders dort mit 58 zu 33 Prozent.

tl;dr: Für Jeb Bush geht bei der heutigen Vorwahl in South Carolina um alles. Aber auch für die anderen Kandidaten wird es spannend.

Dienstag, 16. Februar 2016

Flüchtlinge: "Direkte Erfahrungen reduzieren Vorurteile"

Willichs Bürgermeister Josef Heyes (Foto: Swen Siewert)
Im Internet kursieren viele angebliche Briefe von angeblichen Bürgermeistern, die sich zur Flüchtlingskrise äußern. Deshalb habe ich den Willicher Bürgermeister gebeten mir zu schreiben, was er auf Mails und Briefe von Bürgern antwortet. Seine Antwort war folgende Mail, die er in der vergangenen Woche an eine Bürgerin geschickt hat. Nur die Namen hat er entfernt:

Sehr geehrte ...,

sicherlich tragen einige Medienberichte über "vereinzelte Übergriffe" dazu bei, dass sich manche Bürger über die weitere Zuweisung von Flüchtlingen Sorgen machen. 

Aktuell sind etwa 980 Flüchtlinge und Asylbewerber in unserer Stadt Willich untergebracht - 450 in der Landeseinrichtung (ZUE) im ehemaligen Katharinen-Hospital, etwa 160 in der Niershalle in Neersen, seit etwa  vier Jahren rund 100 in der Gemeinschaftsunterkunft (GUK) in Anrath am Bahnhof, 46 in der ehemaligen Kirche St. Maria Rosenkranz an der Krefelder Straße in Willich und die Weiteren dezentral in vielen Wohnungen, verteilt über unsere ganze Stadt. 

Wie alle Städte und Gemeinden in Deutschland, erfahren auch wir in Willich eine Zuweisung nach dem Königssteiner Schlüssel. Diese Zuweisungen haben wir aufzunehmen und zu versorgen. Das hat mit "vorhaben" nichts zu tun, sondern es ist unsere gesetzlich geregelte Pflicht.

Im Jahr 2015 kamen rund 1.000.000 Flüchtlinge (die vielfach vor Krieg, Bombenangriffen, Verfolgung, Mord, Hunger geflohen sind) nach Deutschland. Die Zuweisung für Willich beträgt aktuell 18,2 Flüchtlinge pro 1.000 Einwohner (Zum Vergleich: 1946/1947 nach dem zweiten Weltkrieg, hatten wir in Willich 140 Flüchtlinge und Heimatvertriebene pro 1.000 Einwohner unterzubringen).

Wenn die Kriege in Syrien, Irak etc. so weitergehen und wieder fast 1.000.000 Menschen (auch Kinder und Frauen) im Jahr 2016 nach Deutschland kommen, werden wir in unserer Stadt Willich rund weitere 950 Flüchtlinge unterbringen müssen. Um gewappnet zu sein, müssen wir an der Moltkestraße ein "Flüchtlingsdorf", eine weitere Flüchtlingsunterkunft, bauen. 

Nach Polizeiberichten gibt es in Willich und im Kreis Viersen statistisch keine höhere Kriminalität durch Flüchtlinge und Asylbewerber. Sollte Sie der Bericht der Polizei interessieren, lade ich Sie zum kommenden Sitzung des Stadtrates am 2. März 2016, ab 18 Uhr in den Ratssaal von Schloss Neersen ein. Dort wird die Polizei über die aktuelle Kriminalitätsrate unter Einbeziehung der Flüchtlingssituation berichten. 

Gleichzeitig möchte ich Sie auch bitten, sich in die ehrenamtliche Arbeit für Flüchtlinge (z.B. beim Arbeitskreis Fremde, LOT oder einer Kirchengemeinde) einzubringen. Diese direkten Erfahrungen reduzieren Vorurteile und Angstgefühle deutlich!

Mit freundlichen Grüßen 
Ihr
Josef Heyes
Bürgermeister

tl;dr: Im Internet kursieren viele angebliche Briefen von angeblichen Bürgermeistern, die sich zur Flüchtlingskrise äußern. Das antwortet ein echter Bürgermeister, Josef Heyes aus Willich, seinen Bürgern.

Sonntag, 14. Februar 2016

New Hampshire: Zwei Sieger, fünf Gewinner

Wahlkampfveranstaltung in New Hampshire.
Trump und Sanders heißen die Sieger der Vorwahl in New Hampshire. Gewinner gibt es allerdings noch mehr. Deshalb ist das Ergebnis dieser Wahl auch kein Menetekel für die kommende Präsidentschaftswahl. Nicht bei den Demokraten, weil die Begeisterung für Bernie Sanders in New Hampshire keinesfalls die Stimmung im Land wiederspiegelt, und nicht bei den Republikanern, weil deren breites Kandidatenfeld die Ergebnisse verzerrt. Auch wenn mit Chris Christie und Carly Fiorina zwei weitere Kandidaten nach der Wahl am Dienstag aufgegeben haben, wird diese Vielzahl der Kandidaten Donald Trump auch weiterhin nutzen. 

Meine fünf Gewinner und fünf Verlierer im Einzelnen:

1. Bernie Sanders (D): Er ist der Sieger der demokratischen Vorwahl. Für den Senator aus Vermont war die Wahl im Nachbarstaat ein Heimspiel. Zweifel an seinem Sieg hatte am Ende eigentlich niemand mehr. Nur die Deutlichkeit hat überrascht. Obwohl sich Hillary Clinton nach ihrem knappen Sieg in Iowa mit voller Kraft in den Wahlkampf gestürzt hat, konnte sie nichts mehr bewegen. Die Nagelprobe steht der Kampagne von Bernie Sanders aber noch bevor: Bei den kommenden Vorwahlen im Süden der USA steht Hillary deutlich besser da.

2. Donald Trump (R): Der Sieger der republikanischen Vorwahl. Keine Frage, dieser Sieg war eine Genugtuung für „The Donald“. Hatte er es in Iowa, wohl auch wegen des komplizierteren Caucus-Verfahrens, noch nicht geschafft, seine Wähler zur Wahl zu bewegen, war es in New Hampshire ganz anders. Trump holt die prognostizierten 35% und distanziert die Meute seiner Verfolger deutlich. Was ihm zudem in die Karten spielt: Auch bei den gemäßigten Republikanern dürfen sich zwei als Gewinner fühlen. Sie werden ihre Kandidatur fortsetzen und so helfen, die Gegner Trumps weiter in verschiedene Lager aufspalten. Aber dazu später mehr.

3. John Kasich (R): Der Gouverneur von Ohio hatte im Wahlkampf das konservative Iowa links liegen gelassen und sich voll auf New Hampshire konzentriert. Das hat sich ausgezahlt: Aus dem Stand erreicht er mit knapp 16% den zweiten Platz bei der Abstimmung. Mit seiner positiven, leisen Kampagne, die weitgehend ohne Negativwerbung auskommt, ist er quasi der Anti-Trump. Mit dem zweiten Platz in New Hampshire ist er über Nacht von einem Außenseiter zu einem ernsthaften Bewerber geworden. Fürchten müssen ihn jedoch vor allem seine gemäßigten Kollegen: Er holt die Stimmen, die auch Rubio und Bush gerne hätten. Kasich hat nun das Momentum und die Möglichkeit, auch bei der kommenden republikanischen Vorwahl in South Carolina zu punkten. Allerdings muss er dort noch die Wahlkampfstrukturen schaffen, die seine finanziell besser aufgestellten Kollegen schon besitzen. Überfüllte Säle bei seinen ersten Veranstaltungen und steigende Umfragezahlen dürften ihm dabei aber Mut machen.

4. Ted Cruz (R): Der Sieger von Iowa kam in New Hampshire zwar nur als dritter ins Ziel, aber mehr war auch nicht erwartet worden. Die evangelikale Basis, auf die sich der Senator aus Texas stützt, ist in New Hampshire nicht vorhanden. Wichtig für ihn: Er schnitt stattdessen in den Bezirken gut ab, die vor vier Jahren noch für den libertären Ron Paul gestimmt hatten. Diese Wähler könnten nach dem Ausscheiden von Rand Paul, dem Sohn von Ron, zu einer wichtigen Stütze seines Wahlkampfs werden.

5. Jeb Bush (R): Zwar nur der vierte Platz, aber auch bei Bush gilt: Immerhin. Die Kandidatur des Präsidentenbruders war schon mehrfach abgeschrieben worden, aber nie ganz untergegangen. Kein Wunder: Schließlich hat er eine recht volle Wahlkampfkasse. Nun zahlt sich der Einsatz erstmals – zumindest ein wenig – aus. Er landet nur knapp hinter Ted Cruz. Rechtzeitig vor der Vorwahl in South Carolina, bei der sich Bush Einiges ausrechnet, kann er so ein wenig Schwung aufnehmen. Man sollte aber nicht vergessen: Genau wie bei Kasich und Cruz hat er seinen Sieg auch dem schlechten Abschneiden von Marco Rubio zu verdanken.

Damit wären wir bei den Verlierern:

1. Marco Rubio (R): Der Senator aus Florida, den einige für den republikanischen Obama halten, war einer der Sieger in Iowa. Er hatte anschließend das „Big Mo“, das ganz große Momentum, den großen Schwung auf seiner Seite. Eine Fernsehdebatte und drei auswendig gelernte Antworten später drehte sich der Wind. Nun ist er der große Verlierer von New Hampshire. Sein offen kolportierter Plan 3-2-1, also Dritter in Iowa, Zweiter in New Hampshire und Sieger in South Carolina zu werden, ist schon nach der zweiten Abstimmung Makulatur. Seine Kampagne muss er nun ganz neu aufbauen oder spektakulär retten. Das Geld dazu hat er noch.

2. Chris Christie (R): Der Gouverneur von New Jersey hatte in der letzten republikanischen Fernsehdebatte zwar Marco Rubio versenkt, aber bei der Wahl nützte es ihm nichts. Da er, ähnlich wie John Kasich, den Hauptteil seiner Bemühungen auf New Hampshire konzentriert hatte, traf ihn sein mäßiges Abschneiden besonders empfindlich. Einen Tag nach der Wahl gab er bekannt, seine Kandidatur zu beenden. Um seine Wähler werden nun die anderen gemäßigten Kandidaten buhlen. Sein Hauptspender hat sich übrigens schon entschieden: Er unterstützt nun Gouverneur Kasich.

3. Carly Fiorina (R): Die ehemalige Managerin von Hewlett-Packard hatte bei ihrer Kandidatur eigentlich nur einen großen Moment: Sie war der erste Mitbewerber, der Donald Trump bei einer Fernsehdebatte in die Defensive brachte. Im September bescherte ihr dies in den Umfragen ein kurzes Zwischenhoch, das sie aber nicht halten konnte. Bei der Wahl in New Hampshire erreichte sie nur 4% der Stimmen, weshalb sie anschließend ihre Kampagne beendete.

4. Ben Carson (R): Hatte sich der pensionierte Neurochirurg mit seiner leisen, freundlichen Art zunächst viel Sympathie erworben, wirkte er je näher die Wahlen kamen seltsam blutleer. In Iowa wurde er das Opfer eines unsauberen Tricks von Ted Cruz, der per Twitter Gerüchte über ein vorzeitiges Ausscheiden von Carson verbreitete. Zur Sprache gebracht wurde das Thema jedoch von Donald Trump, von Carson war kaum etwas zu hören. Ein wenig Gegenwehr hätte ihm wahrscheinlich besser zu Gesicht gestanden. Wie in der öffentlichen Diskussion, so ging er auch in New Hampshire unter. Carson erreichte nur 2% der Stimmen.

5. Hillary Clinton (D): Nach ihrem knappen Vorwahlsieg in Iowa, wollte sie den zu erwartenden Sieg von Bernie Sanders in New Hampshire zumindest etwas niedriger ausfallen lassen. Das ist ihr nicht gelungen. Ihre Hoffnung liegt jetzt in Nevada und South Carolina, wo Ende Februar die kommenden demokratischen Vorwahlen stattfinden. Hier liegt sie – besonders bei Latinos und schwarzen Wählern – weit vorne. Auch wenn Sanders nun das Momentum besitzt, den Sieg in diesen Staaten wird sich die ehemalige Außenministerin nicht nehmen lassen. Clinton ist also alles andere als weg vom Fenster.

Auch alle die nun glauben, dass ein Präsident Trump nun unvermeidlich geworden sei, können beruhigt sein: Die Wahl in New Hampshire zeigt das nicht. Zwar hat Trump mit deutlichem Abstand gewonnen, aber dennoch mit nur 35%. Aufgrund seiner polarisierenden Art mobilisiert er im Zweifel auch für seine Gegner. Den gemäßigten Republikanern fehlt nur der Frontrunner, hinter dem sie sich formieren können. Gemeinsam kamen Kasich, Bush, Rubio, Christie und Fiorina auf knapp 50% der Stimmen. Spannend wird von daher sein, welche der drei gemäßigten Kandidaten als nächste aufgeben.

tl;dr: Trump und Sanders heißen die Sieger der Vorwahl in New Hampshire. Gewinner gibt es allerdings noch mehr. Deshalb ist das Ergebnis dieser Wahl auch kein Menetekel für die kommende Präsidentschaftswahl.

Dienstag, 9. Februar 2016

Vorwahl in New Hampshire: Fünf Fragen

Wahlkampf in New Hampshire.
Anfang der Woche schauten Millionen Menschen den Super Bowl. Aber auch heute Nacht lohnt sich ein Blick in die USA, denn an der Ostküste findet die erste Vorwahl auf dem Weg zur Präsidentschaftswahl statt - die New Hampshire Primary. Zwar wurde in Iowa bereits vor mehr als einer Woche über die Kandidaten der beiden Parteien abgestimmt, aber nicht per Vorwahl, sondern bei einem Caucus. Ganz grob besteht der Unterschied im Verfahren: Während man bei einer Vorwahl seinen Stimmzettel in eine Urne wirft, besteht der Caucus aus vielen kleinen Wahlversammlungen - auf denen Unterstützer auch für ihre Kandidaten werben dürfen - bei denen jeweils abgestimmt wird.

Diesen ersten Stimmungstest in Iowa hat bei den Demokraten Hillary Clinton und bei den Republikanern Ted Cruz gewonnen. Viel wichtiger als diese Siege selbst ist hingegen die Frage nach dem Momentum. Es ist der Schwung, den man aus diesen Abstimmungen mitnimmt. Er entsteht indem man souverän siegt, aber auch indem man besser abschneidet als gedacht. Entsprechend schlecht ist es daher, wenn man die öffentlichen Erwartungen nicht erfüllen kann.

Weshalb das Momentum so wichtig ist? Parteien nach deutschem Vorbild, die eine Kandidatur tragen, gibt es in den USA nicht. Die Kandidaten müssen ihre Kampagnen über einen langen Zeitraum privat finanzieren und organisieren. Dazu Geld und Unterstützer in ausreichender Menge zu gewinnen, ist kein Selbstläufer. Die letzte Vorwahl findet erst im Juli statt. Nur wer bei seinen Anhängern den Glauben an den Erfolg wach halten kann, hat eine Chance soweit zu kommen.

Deshalb gaben bereits nach der Wahl in Iowa die Ersten auf: Rand Paul, Mike Huckabee und Rick Santorum bei den Republikanern, sowie der Demokrat Martin O’Malley. Schon jetzt ist sicher: Auch nach dem Wahltag in New Hampshire wird das Kandidatensterben weitergehen. Gerade das Lager der moderaten Republikaner setzt auf Erfolge im liberalen Ostküstenstaat. Wer hier verliert, für den wird es schwer.

Wer also heute Nacht um zwei Uhr deutscher Zeit nicht schlafen muss, sollte CNN schauen. Spannend wird es in jedem Fall. Für mich geht es vor allem um folgende fünf Fragen:

1. Bei den Demokraten geht es eigentlich nur um eins: Wie hoch gewinnt Bernie Sanders? Der Senator liegt in den Umfragen seit langem vor Hillary Clinton. Kein Wunder, liegt sein Heimatstaat Vermont doch gleich nebenan. Hillary Clinton will Sanders nach ihrem Zittersieg in Iowa jedoch keinen Triumph ermöglichen. Sie möchte mit einem Achtungserfolg in die kommenden Vorwahlen in South Carolina und Nevada gehen. Dort liegt sie klar vorne - noch.

2. Alle Augen auf Marco Rubio: Er gilt als heimlicher Hoffnungsträger des republikanischen Establishment, spätestens seit er in Iowa überraschend einen starken dritten Platz erreicht hat. Bei der darauf folgenden Fernsehdebatte der Republikaner blamierte er sich jedoch bis auf die Knochen, als er ein offensichtlich auswendig gelerntes Statement unter Druck dreimal hintereinander wiederholte. In den vergangenen Jahren stolperten bereits andere Kandidaten über relativ kleine Fehler: Rick Perry wurde sein Oops-Moment zum Verhängnis, Howard Dean der schon legendäre Dean-Scream. Was trotzdem für Rubio spricht: Viele Republikaner sehen in ihm die einzige Chance eine Präsidentschaftskandidatur der beiden Hardliner Donald Trump oder Ted Cruz zu verhindern.

3. Wie schneidet Ted Cruz ab? Den letzten republikanischen Gewinnern des Iowa Caucus war stets nur kurzer Ruhm beschieden. Sowohl Rick Santorum 2012 als auch Mike Huckabee 2008 gewannen zwar im mittleren Westen, bei den weniger konservativen Wählern im Rest des Landes hatten sie aber keine Chance. Ted Cruz muss heute Abend zeigen, ob er aus einem anderen Holz geschnitzt ist. Dabei belastet ihn der Vorwurf, dass er sich in Iowa schmutziger Tricks bedient habe. Sein Team verbreitete kurz vor der Wahl auf Twitter das Gerücht, dass Ben Carson – der mit ihm um die gleichen Wähler buhlt – aus dem Rennen ausscheiden wird. Cruz Problem: Der Sender CNN, auf den er sich als Quelle bezog, hatte etwas nur von einem kurzem Zwischenstop in Florida berichtet. 

4. Donald Trump und die Mobilisierung: Seit Monaten liegt der New Yorker Unternehmer in Umfragen auch in New Hampshire mit weitem Abstand auf Platz 1. In Iowa hat sich jedoch gezeigt, dass dies nicht unbedingt etwas bedeuten muss. Ganz offensichtlich hat Trump ein Problem, seine Fans auch an die Wahlurne zu bekommen. Das einfachere Wahlsystem einer Primary dürfte ihm diesmal nutzen - an seinem Sieg gibt es eigentlich keine Zweifel. Aber auch hier wird die Höhe entscheidend sein.

5. Der Mann aus Ohio: John Kasich könnte einer der Gewinner des Abends werden. Seinen Wahlkampf stützt der Gouverneur des wichtigen Swing-State Ohio ganz auf New Hampshire. Mit über 100 Town-Hall-Meetings hat er hier mehr Termine gemacht als alle anderen Kandidaten. Ganz bewusst hat er dafür auf ein gutes Ergebnis in Iowa verzichtet. Das könnte sich nun auszahlen: Mehrere Umfragen in den vergangenen Wochen sehen ihn auf Platz 2. Für ihn wäre das der Boost, der ihn in die kommenden Vorwahlen tragen kann. Sollte es ihm gelingen, Jeb Bush, Chris Christie oder sogar Marco Rubio - die allesamt um dieselben Wähler buhlen - hinter sich zu lassen, könnte er vom bisher unbekanntesten Kandidaten noch zu einem wichtigen Faktor werden. Gleiches gilt aber auch für Bush und Christie: Sollten sie heute Abend überraschen, könnten sie schnell zu Hoffnungsträgern im gemäßigten Lager mutieren. 

Mein Herz schlägt bei dieser Vorwahl jedoch besonders für John Kasich. Er hat sich in den vergangenen Monaten mit einer positiven, aber dadurch oft leisen Botschaft hervorgetan. Er wolle kein „prince of darkness“ sein, sondern Hoffnung verbreiten. Die Probleme in Amerika seien schließlich lösbar. Das wäre doch eine schöne Botschaft: Am Ende der lauten Medienschlacht gewinnt einer, der sich nicht daran beteiligt hat.

tl;dr: Heute wird in New Hampshire gewählt, das Ergebnis wird das Rennen um das Weiße Haus entscheidend verändern. Fünf Punkte dürften wichtig werden.

Donnerstag, 4. Februar 2016

Flüchtlingskrise: Die Lust am Untergang

Den Text, den ich in der vergangenen Woche für den Newsletter meines Chefs Thorsten Hoffmann verfasst habe, teile ich gerne auch hier:  

Was mich in der aktuellen Flüchtlingskrise am meisten erschreckt, finde ich regelmäßig in meinem Postfach. Viele Mails, die mich in diesen Tagen erreichen, enthalten wüste Beschimpfungen und auch Drohungen. Die sachlicheren sprechen oft von der angeblichen Katastrophe, auf die die Kanzlerin unser Land zusteuere. Dabei triefen diese Schreiben vor Häme und heimlicher Schadenfreude. Es ist eine Lust am Untergang die dort spürbar wird und die ich nicht verstehe. Viele wünschen sich geradezu ein Scheitern der Politik in der Flüchtlingsfrage. Aber was dann?

Angela Merkel ist oft kritisiert worden für ihren Satz „Wir schaffen das!“, doch seien wir ehrlich: Eine Alternative dazu gibt es nicht. Scheitern ist keine Option. Wir können vielmehr selbstbewusst sein, denn unser Land ist stark. Gemeinsam sind wir in der Lage Großes zu leisten, auch jetzt.

In der Vielstimmigkeit der Katastrophenapostel geht leider viel zu oft unter, was wir gemeinsam bereits geschafft haben. In dieser Woche hat sich die Koalition auf das Asylpaket 2 geeinigt. Das heißt: Die zentralen Aufnahmezentren kommen, die Schnellverfahren werden Wirklichkeit, der Familiennachzug wird begrenzt und die nordafrikanischen Staaten Marokko, Tunesien und Algerien werden zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt. Die Bundespolizei kontrolliert mit großem Aufwand unsere Grenzen im Süden und der neue Flüchtlingsausweis - das BAMF hat in dieser Woche mit der Ausgabe begonnen – wird die Zahl der unregistrierten  Flüchtlinge weiter verringern. 

Rechtsstaat und Demokratie mögen uns manchmal Geduld abfordern, wenn nicht alles so leicht und schnell geht, wie wir es gerne hätten.  Aber glauben Sie mir: Während andere schreien und hetzen, arbeiten viele von uns an Lösungen. Leise, aber effektiv.

tl;dr: Scheitern ist in der Flüchtlingskrise keine Option. 

Dienstag, 2. Februar 2016

Mein Unwort des Jahres: Kugelahorn

Würde in Willich ein Unwort des Jahres gewählt, dann hieße es wohl Kugelahorn. Dem Thema in unserer Stadt zu entgehen ist quasi unmöglich. Alleine bei Google findet man schon 1.140 Einträge. Nun dreht sich auch der erste Bürgerentscheid der Willicher Stadtgeschichte - sehr erhaben - um die 20 Bäume.

Dass es bei der aktuellen Auseinandersetzung aber tatsächlich noch um die Bepflanzung des Marktplatzes geht, mag man kaum mehr glauben. Zu sehr haben die beiden Lager zuletzt den Eindruck erweckt, dass jeder Kompromiss ausgeschlossen ist. Und dabei meine ich nicht nur die Ahornfreunde, die nicht nur eine völlig undiskutable Wortwahl in die Auseinandersetzung gebracht haben, sondern lieber einen 90.000 Euro teuren Bürgerentscheid anstrengen, statt die Bäume für insgesamt 30.000 Euro umzupflanzen. Dabei kann man sich ja wirklich viele Orte vorstellen, die besser für einen Baum geeignet sind als eine schattige Ecke des Willicher Marktes.

Mich erschreckt aber auch die Strategie des Dreierbündnisses aus CDU, SPD und FDP. Gerade einige CDUler haben von Anfang an, besonders im Internet, auf eine Eskalation hingearbeitet.  Dabei entscheidet sich an den 20 Bäumen nicht das Schicksal der Marktplatzumgestaltung oder gar unserer Stadt. Früher versuchten die Parteien - die CDU vorneweg - in Bürgerinitiativen mitzumischen, um Themen abzuarbeiten, jetzt geht es gleich in den Schützengraben. Dem Klima in unserer Stadt tut diese Form der Kompromisslosigkeit – übrigens im letzten Wahlkampf von der Union zu Recht bemängelt – nicht gut.

Zudem ist sie meines Erachtens auch taktisch falsch: Einen Bürgerentscheid, insbesondere zu einem so nebensächlichen Thema, gewinnt man in aller Regel durch Nichtbeachtung. Durch ihre permanente Kampagne mobilisieren die drei Parteien jedoch auch die Befürworter des Status Quo. Ein Beispiel: Trotz großer Gegenmobilisierung sammelten die Ahornfreunde im vergangenen Herbst 3.777 gültige Unterschriften. Bei einem Anliegen, das nicht nur die Mehrheit, sondern auch mindestens 15% der abgegebenen Stimmen - in Willich circa 6.300 - für sich gewinnen muss, ist das schon Mal eine Hausnummer. Zur Erinnerung: Es geht um 20 Bäume.

Bevor Missverständnisse aufgekommen: Auch wenn ich glaube, dass der Sieg des Dreierbündnisses alles andere als sicher ist - ginge es nach mir, wären die Bäume bereits Geschichte. Aber eins ist auch klar: Solch unnötige Bürgerbegehren sollten wir uns künftig sparen.

Stattdessen sollten wir einmal über folgende Fragen nachdenken: Was sagt das eigentlich aus über die Bürgerbeteiligung bei der Marktplatzgestaltung, wenn das Thema der Kugelahorne dort nicht abgeräumt werden konnte? Engagieren sich Menschen, die sich vorher nicht politisch artikuliert haben, eigentlich wirklich in einer Bürgerinitiative? Oder ersetzt diese Form der Politik die Parteien (die zumindest den Anspruch haben einen Bevölkerungsdurchschnitt zu repräsentieren) nur durch kleine, laute aber homogene Interessengruppen? Und ist die Bürgerbeteiligung in dieser Form nicht letztlich eine Illusion, die die meisten Bürger ratlos zurücklässt?

tl;dr: In Willich gibt es einen Bürgerentscheid über 20 Kugelahorne. Um die Bäume geht es dabei längst nicht mehr.