Sonntag, 6. September 2015

Die wichtigste Wahl

Am kommenden Sonntag werden die Willicher wieder zur Urne gerufen, denn im Kreis Viersen will ein neuer Landrat gewählt werden. Zeitgleich findet jedoch noch eine wichtige Wahl statt, von deren Bedeutung nur die wenigsten wissen und an der kein Willicher teilnehmen darf: Die Kreisstadt Viersen wählt einen neuen Bürgermeister.

Anders als bei der Landratswahl, bei der die spannendste Frage die Höhe der Wahlbeteiligung sein wird, geht es in Viersen um eine Richtungsentscheidung. Weniger um rechts oder links, um CDU oder SPD, als um die Entscheidung, ob die Kreisstadt endlich ihre Führungsrolle in der Region annimmt.

Durch seine Lage zwischen den Oberzentren Krefeld und Mönchengladbach ist der Kreis in einer besonderen Situation. Führung fällt hier nicht automatisch zu, sie muss verdient werden.

Es wäre Viersens natürliche Aufgabe sich darum zu bemühen, den Kreis politisch zu prägen, aber die Realität ist längst eine andere: Geht es um Wirtschaftsansiedlung, schaut der Kreis nach Willich. Geht es um Innenstadtentwicklung, richtet sich der Blick nach Kempen. Nach Viersen schaut keiner. Ein eigenes Profil hat die Kreisstadt nicht. Und wo eine Idee für die eigene Rolle fehlt, darf man auch kein Konzept für die Region erwarten.

Beim Aufkommen der Pläne zur Verlängerung der Regiobahn, wurde dies besonders deutlich: Endlich soll hier eine Nahverkehrsbindung geschaffen werden, die einmal nicht über Krefeld oder Mönchengladbach führt, sondern Viersen direkt mit den Wachstumsregionen Venlo und Düsseldorf verbindet. Doch während in Willich und Nettetal die Möglichkeiten erkannt wurden, verhielt man sich in Viersen auffällig passiv.

Die Sorge am Ende nur Anwohnerbeschwerden und Lärm zu haben, während andere im Kreis profitieren, verdrängte die Erkenntnis, dass auch Viersen nur prosperieren kann, wenn es mit der Region verbunden ist. Viersen muss endlich das Herz des erfolgreichen Kreises werden. Das Verhalten einer kleinen Gemeinde hilft der Kreisstadt dabei aber nicht weiter.

Darum ist diese Wahl für den ganzen Kreis so wichtig: Bekommt Viersen endlich einen Bürgermeister, der voraus denkt? Der die Führungsrolle Viersens annimmt und die Stadt an die Spitze des Kreises führen kann? Es wäre für die ganze Region wichtig.

Die Chance ist da. Mit Paul Schrömbges gibt es einen Kandidaten, der im Kreis zuhause ist und die Region kennt. Dass er strategisch und in großen Zusammenhängen denkt, durfte ich als junges Ratsmitglied in zahlreichen Gesprächen erleben. Trotz Weitblick verliert er dabei auch den Einzelnen nicht aus dem Auge. Mit ihm bekäme Viersen keinen netten Grüß-August, sondern einen Paul für alle Fälle. Er kann Viersen in seine Rolle führen. Es wäre dem Kreis zu wünschen. Und der Kreisstadt erst recht.

tl;dr: Viersen muss endlich anfangen wie eine Kreisstadt handeln. Die Bürgermeisterwahl wäre ein guter Start.

Sonntag, 16. August 2015

Willich: Politisches Laienspiel

Neersen: Publikum gespannt, doch (noch) nix zu sehen.
Kaum sind die Neersener Schlossfestspiele vorbei, startet in Willich das nächste Sommertheater. Diesmal keine große Kunst, sondern echte Provinz. Die Darsteller nicht Michael Schanze und Sarah Elena Timpe, sondern CDU und SPD. 

Um was es geht: Ein Zebrastreifen und ein Webformular. Beides keine politischen Fragen und beides Dinge die die Verwaltung auch komplett ohne Stadtrat hätte umsetzen können. Trotzdem gibt es Streit um die Frage: Wer hat's erfunden? 

In gewisser Form ist diese Auseinandersetzung die logische Fortsetzung des Kommunalwahlkampfes 2014. Schon damals ging es im Grunde nicht um Inhalte, sondern um Gefühle. So warf die SPD den Christdemokraten vor, die Stadt "nach Gutsherrenart" zu regieren. Die satte absolute Mehrheit der Union, mit der sie 2009 immerhin die Wähler ausgestattet hatten, wurde als irgendwie undemokratisch dargestellt. 

Am Ende verlor die Willicher CDU nach 15 Jahren - in denen sie ihre absolute Mehrheit bei jeder Wahl weiter ausgebaut hatte - fast jeden fünften ihrer Wähler. Ein Absturz um katastrophale 10,42 Prozentpunkte. Seitdem haben SPD, Grüne und FDP einen Sitz mehr im Rat als die Union. In Zahlen: Die CDU hat, zählt man den Bürgermeister mit dazu, 24 Stimmen. Einen mehr, nämlich 25, vereinen SPD, Grüne und FDP auf sich.

Im Wahlkampf wurde so getan, als ob sich ohne absolute Mehrheit der Union alles in Willich ändern würde. Doch ist seitdem eigentlich etwas anders geworden? Dass es nun zwischen den verschiedenen Fraktionen mehr menschelt ist eine Stilfrage, aber im Kern keine Politik. Die Ratsmitglieder sind nicht gewählt um ihr Hobby angenehm zu gestalten, sondern um die Stadt nach vorne zu bringen.  

SPD, Grüne und FDP hätten nun die Chance dazu, aber der Mangel an inhaltlichen Positionen setzt sich fort. Einzig bei der Entscheidung über eine Resolution gegen Fluglärm gab es bisher erwähnenswerten politischen Dissens mit der Union.

Auffällig ist vor diesem Hintergrund auch die Präsenz im Stadtrat: Seit der Wahl hatten SPD, Grüne und FDP nur bei fünf von zehn Sitzungen eine Stimmenmehrheit. Viermal davon jedoch nur, weil bei der CDU noch mehr Ratsmitglieder fehlten. Nur bei der ersten, der konstituierenden Sitzung am 12. Juni 2014, waren alle 25 Ratsmitglieder von SPD, Grünen und FDP anwesend. Die Gestaltungsmacht, mit der die Wähler sie ausgestattet haben, lassen die drei Parteien bisher ungenutzt verfallen. Die absolute Mehrheit der Union ist dahin, das große Ziel erreicht, aber mehr als Kosmetik ist nicht dabei herausgekommen. Das Steuerruder der Kommunalpolitik hält nach wie vor die CDU.

Bei der Union fehlten in den ersten zehn Stadtratssitzungen zwölfmal Ratsmitglieder, bei der SPD fünfmal, den Grünen viermal und bei der kleinen FDP-Fraktion sogar zehnmal. Rechnet man dies in eine Quote um, liegen die SPD mit 96,15 Prozent und die CDU mit 94,78 Prozent bei der Anwesenheit vorne. Dicht dahinter folgen die Grünen mit 93,33 Prozent. Mit weitem Abstand folgen die Liberalen, die nur auf 83,33 Prozent kommen. Dass es im Stadtrat zu keiner Mehrheit jenseits der Union kommt, liegt - ausgerechnet - an der FDP.

tl;dr: Ohne absolute Mehrheit der CDU sollte in Willich alles anders werden. Doch nach zehn Ratssitzungen fragt man sich: Hat sich wirklich etwas geändert?

Montag, 6. April 2015

Willich: Lügen in Zeiten des Wahlkampfes

Im Landtagswahlkampf 2010 schoss plötzlich ein neuer Blog aus dem Netz. Die Macher von „Wir in NRW“ steuerten allerlei vermeintliche Skandalgeschichten zum Wahlkampf bei. Alle zu Lasten der schwarz-gelben Landesregierung von Jürgen Rüttgers und zu Gunsten von Hannelore Kraft. Jedoch: „Um Unabhängigkeit vorzutäuschen und die Leser auf den Leim zu führen, verbarg es seine SPD-Orientierung hinter der abstrusen Behauptung, in NRW sei die Meinungsfreiheit bedroht.“  Genau so plötzlich, wie der Blog aufgetaucht war, verschwand er nach der Wahl wieder aus den Schlagzeilen. Inzwischen ist die Seite eingestellt.

Auch im vergangenen Willicher Kommunalwahlkampf mischte plötzlich ein neuer Blog mit. Auch hier wollte man gegen eine angebliche Meinungsmacht anschreiben. Auch hier wurde in erster Linie versucht zu skandalisieren. Auch hier hatte der Blog eine klare Stoßrichtung: Unter dem Deckmantel der angeblichen Überparteilichkeit  ging es gegen Josef Heyes und die CDU. Und auch hier hat der Blog nach der Wahl seine Schuldigkeit getan, auf „Willich im Blick“ ist seit Monaten nichts mehr passiert.

Noch bemerkenswerter ist, dass ein Artikel dieses Blogs in der Zwischenzeit ganz verschwand. Unter der Überschrift „Heyes hat dem Rhein Polo Club e.V. Willich eigenmächtig die Pacht erlassen“ breitete Stefan Drießen einen vermeintlichen Skandal aus. Der Bürgermeister soll die Pacht des Poloclubs für das Vereinsgelände an der Hülsdonk eigenmächtig auf einen Euro gesenkt haben. Der Hauptausschuss habe diese Vereinbarung dann zurücknehmen müssen. Der Eindruck: Eine Blamage für den Bürgermeister.

Auf Facebook promotete der Autor seinen Beitrag in der zwischenzeitlich gelöschten Gruppe „Was läuft falsch in der Stadt Willich“ wie folgt: „Die Vereine in Willich haben Belastungen durch Mehrausgaben. Die Förderung ist immer noch gekürzt. In dieser Phase wollte Heyes einen Verein bevorzugen…“. Die Kommentare unter dem Artikel sind eindeutig: „Fassungslos!!!“, „schweinerei“, „Man bekommt immer mehr den Eindruck eines absolutistischen Herrschers, der den seinen gibt und dem Volk nimmt.“. Die Liste ließe sich fortsetzen. Auch ein Ratskandidat der FDP beteiligte sich.

Dass der Beitrag auf „Willich im Blick“ nicht mehr zu finden ist, hat einen Grund: Das Amtsgericht Krefeld hat mittlerweile festgestellt, dass die im Artikel gemachten Behauptungen „sämtlich nicht erweislich den Tatsachen [entsprachen] und … in Überschreitung der Ausübung der Meinungsfreiheit bewusst als bloße Mutmaßungen… verbreitet [wurden], um den… Bürgermeister der Stadt in der Öffentlichkeit zu diskreditieren und ihn persönlich herabzuwürdigen.“ Herrn Drießen hat seine üble Nachrede 3.000 Euro und die Kosten des Verfahrens gekostet. Den Bürgermeister Nerven, Zeit und seinen guten Ruf.

Ein Vierteljahr ist das Urteil nun her. Noch immer gab es keine Entschuldigung, keine Worte des Bedauerns, keine Richtigstellung. Weder von Stefan Drießen noch von seinen Mitstreitern bei „Willich im Blick“. Heimlich, still und leise wurde der Link zum Artikel entfernt. 

Für viele Menschen ist Bürgermeister zu sein ein Traumjob. Zwar kennt dieser Beruf weder Feierabend noch Wochenenden, aber er kann denen, die dazu berufen sind, auch große Freude bereiten. Sein Hobby zum Beruf zu machen ist nur wenigen gegeben. Als Bürgermeister muss man aber auch lernen mit einigen Dingen zu leben: Mit Neid und Missgunst und bisweilen auch mit blankem Hass. Dieser äußert sich, wie in Willich, eben auch mal durch Schrauben im Autoreifen, durch anonyme Anzeigen, verleumderische Graffitis oder wie im Wahlkampf durch beschmierte und am Ende enthauptete Wahlplakate.

Man muss sich im Schutz des Internets vorwerfen lassen, dass man auf Einladung regelmäßig mit dem Privatjet einer Willicher Firma zum Shoppen nach Berlin fliege. Man muss sich anhören, dass  man Ratsprotokolle fälsche und die Meinungsfreiheit in seiner Stadt „wie Putin“ beschneide. Und das alles von Menschen, die einen gar nicht kennen. Von Menschen, die nicht wissen, dass man bei dienstlichen Berlinbesuchen lieber auf dem Sofa seines Sohnes schläft als den städtischen Haushalt mit Hotelkosten zu belasten.  Von Menschen, die gar keine Ahnung haben, an wie vielen Stellen, in wie vielen Einzelfällen, an wie vielen Tagen im Jahr man sich uneigennützig und persönlich die Bürger einsetzt. 

Als ich hier im vergangenen Kommunalwahlkampf über diesen Hass geschrieben habe, war ich überrascht wie viele Leute mich auf meinen Artikel angesprochen haben. Am Wahlabend haben mir Politiker aus fast allen Fraktionen zugestimmt, dass Hass unser Gemeinwesen zerstört und in Willich keinen Platz haben darf. Die Menschen an die der Beitrag gerichtet war, habe ich aber natürlich nicht erreicht. Ulrich Witte von „Willich im Blick“ antwortete stattdessen mit einem wütenden Artikel. Wenn ich in diesem Wahlkampf Hass ausmachen würde, zeige dies nur, dass ich „ganz weit weg von Willich, von den Bürgern und von der Heimat“ sei. Dabei wage ich es zu bezweifeln, dass im vergangenen Jahr jemand näher am Wahlkampf meines Vaters war. 

Auch dieses Mal werden weder ein Blogpost noch ein Gerichtsurteil die Betroffenen zum Nachdenken bringen. Es kann schließlich nicht sein, was nicht sein darf. Aber ich hoffe, dass vielleicht einige von den Menschen, die solche Artikel geliked, kommentiert und verbreitet haben, noch einmal nachdenken. Darüber was eigentlich passiert, wenn man aus der sicheren Anonymität kübelweise Dreck über denen auskippt, die sich mit vollem Herzen für ihre Heimat engagieren. Darüber wie das Zusammenleben in unserer Stadt in Zukunft aussehen soll. Und darüber was sie selbst dazu beitragen können. Ich glaube an Willich.

tl;dr: Bürgermeister Josef Heyes sah sich im Willicher Kommunalwahlkampf übler Nachrede ausgesetzt. Wir sollten darüber nachdenken, was solche Dinge für das Zusammenleben in unserer Stadt bedeuten.

Freitag, 6. Februar 2015

Junge Union: Eine große Liebe endet

Ausriss aus der Absolut Willich, dem Magazin der JU Willich.
Seit gestern ist Schluss. Es war eine unheimlich leidenschaftliche Beziehung, aber seit gestern geht es einfach nicht mehr. Eine große Liebe endet. Denn: Gestern war der 5. Februar. Mein Geburtstag. Und da ich 35 geworden bin, ist meine Zeit in der Jungen Union definitiv zu Ende. Seit 1997, also satte 18 Jahre, war ich in der JU aktiv. Und zwar wirklich aktiv. Als Beisitzer, als stellvertretender Vorsitzender und die meiste Zeit als Geschäftsführer. In meiner Heimatstadt Willich und im Kreisverband Viersen.

In dieser Zeit wuchs die Junge Union Willich von 50 auf 400 Mitglieder. Eine tolle Zeit, die ich an entscheidender Stelle mitgestalten durfte. Eine Zeit die mir nicht nur wahnsinnigen Spaß gemacht hat, sondern die mich geprägt hat. Als Mensch bin ich in dieser Zeit gereift. Ohne JU, das ist mir klar, wäre ich heute ganz sicher nicht im Berliner Politikbetrieb tätig.

Bei der Jungen Union Willich habe ich gelernt, wie man einen Verband führt und dabei doch keinen zurücklässt. Wie man immer neue Leute einbindet und andere Meinungen ernst nimmt. Wie man aus Neulingen eine schlagkräftige und verantwortungsvolle Truppe formt. Und ich habe gelernt wie man Politik gestaltet. Wie man eigene Ideen formuliert und umsetzt, statt nur fremden Themen nachzujagen. Fast nebenbei konnte ich dabei lernen, wie man gute Texte schreibt, wie man mit Designprogrammen arbeitet und worauf Druckereien Wert legen. Alles Dinge, von denen ich noch heute zehre. Egal ob es darum geht Broschüren für den Wahlkampf, Aufnahmeflyer für die Partei oder Jahresberichte für Bundestagsabgeordnete zu erstellen. Dass ich diese Erfahrungen mit einem ganzen Haufen von tollen Leuten teilen konnte, hat dieser Zeit nochmal einen besonderen Zauber gegeben. Viele dieser Beziehungen tragen bis heute.

Am meisten Spaß hatte ich aber immer daran, Dinge auszuprobieren, die man vielleicht nie wieder in seinem Leben macht. So habe ich als Chefredakteur und Chef vom Dienst ein eigenes Mitgliedermagazin verlegt - in Hochglanz, mit beiliegender CD und mit einem Starschnitt des Bürgermeisters. Für unsere Absolut Willich haben wir damals einen bundesweiten Preis gewonnen, den uns Angela Merkel persönlich übergeben hat. Die Bilder von mir mit hochrotem Kopf und viel zu frischem Haarschnitt sind jedoch hoffentlich für immer verschollen. Wir haben eine eigene T-Shirt-Kollektion gestartet: Jung und Willich. Beim Anrather Straßenkarneval waren wir einige Jahre mit einem selbstgebauten Karnevalswagen dabei.

Und auch bei all den Dingen, die ein politischer Jugendverband normalerweise so macht, haben wir versucht es anders anzupacken - wie bei unseren regelmäßigen Veranstaltungen. Unsere Kennenlern- und Mitmachreihe Will ich kennenlernen vermisse ich richtig. Jeden Monat bei einer Willicher Institution vorbeischauen und auch selber mitmachen zu können - unbezahlbar. So sind wir unter anderem bei einer Feuerwehrübung als Statisten aus der „brennenden“ Willicher Pfarrkirche gerettet worden, haben in der Musikschule Dal Segno Schlagzeug gelernt und sind in der Halle22 von einem persönlichen Fitnesscoach so gequält worden, dass ich am Ende mit zitternden Beinen fast die Treppe runtergeflogen wäre. Mit dem juSTAR haben wir einen eigenen Preis für Jugendpolitik erfunden und verliehen. Wir haben Wahlkämpfe mit unseren Ideen aufgepeppt. Der Slogan Jupp und Juut ist so entstanden. Das Cityfest, bei dem wir 1.000 Aufkleber mit diesem Motto verteilt haben, werde ich nie vergessen. Der ganze Platz war voll mit jungen, gut gelaunten Leuten die einen der orangen Aufkleber auf der Brust trugen. An diesem Tag haben wir der CDU Willich auch öffentlich ein junges, neues Gesicht gegeben. Neun JUler haben es bei dieser Wahl in den Stadtrat geschafft.

Dabei ist die inhaltliche Arbeit nie zu kurz gekommen. Das Ende der Schiefbahner Norderschließung ging auf unser Konto, die Erstellung eines Pflegeplans für unsere Parks ebenfalls. Bei der Entwicklung unseres Sicherheitskonzepts haben wir ebenfalls viele neue Wege ausprobiert, auch wenn wir uns nicht ganz durchsetzen konnten. Daneben haben wir zahlreiche kleine Anträge eingebracht, auch mal zur wirtschaftlichen Verwertung von Sperrmüll und zur Qualität von Schulklos. Für Diskussionen haben wir auf jeden Fall immer gesorgt und alleine das ist schon viel Wert. Zugegeben: Mit dieser Ansicht standen wir ab und zu auch alleine.

Einer dem wir, zum Beispiel mit unserer Ablehnung der Norderschließung, besonders oft und gerne auf die Nerven gegangen sind, war unser damaliger Fraktionsvorsitzender Ralf-Hasso Sagner. Und trotz allem war er einer unserer größten Freunde und Förderer. Dass er selber einmal ein unbequemer JUler war, hat er nie vergessen. Ich hoffe mir geht es einmal genauso.

Meine Zeit in der Jungen Union werde ich vermissen. Und falls mich jemand fragt, ob es sich lohnt mitzumachen: Das tut es! Bring Dich ein! Und selbst wenn es die Welt nicht verändert, es verändert Dich! Danke JU!

tl;dr: Meine Zeit in der Jungen Union war fantastisch. Mitmachen lohnt sich auch heute noch!

Mittwoch, 7. Januar 2015

Bundestag: 12.000 Botschafter

Mehr als 12.000 Besucher dürften es jetzt sein. So vielen Menschen aus dem Kreis Viersen habe ich in den vergangenen 4 ½ Jahren den Bundestag gezeigt. Die Abgeordnetenhäuser, die Plenarsaalebene des Reichstagsgebäudes, die großen Fraktionssäle und natürlich die Kuppel mit dem wunderbaren Blick auf Berlin. Mit allen habe ich auf diesen Touren sprechen können. Über aktuelle Themen, über Gott und die Welt aber immer auch über zwei Dinge, die mir besonders am Herzen liegen.

Die meisten Besucher haben nämlich, wenn sie den Bundestag erstmals besuchen, genau zwei Bilder über den politischen Betrieb im Kopf: Kleinkarierten, oft auch persönlichen Streit zwischen den Abgeordneten und das Bild des halbleeren Plenarsaals. Immer am Streiten, nie am Arbeiten. Dieses Bild trügt, aber ohne Erklärungen kann es leicht entstehen.

Schaltet man abends die Tagesschau ein, wird ein Plenartag – der gut und gerne über 12 Stunden dauern kann – auf zuschauerfreundliche 30 Sekunden eingedampft. Übrig bleibt nur das Spannendste: Der Streit. Stundenlange Harmonie ist wenig spektakulär, nicht nur für die Medien. Wenn sich alle in einem Punkt einig sind, ist der Nachrichtenwert gering. Wenn es Streit gibt, muss auch erklärt werden, worüber gestritten wird.

Der Eindruck, dass es im Bundestag dauernd Streit gäbe, entsteht so sehr leicht. Wahr ist aber auch: Dort wo alle Entscheidungen vorberaten werden, in den Fachausschüssen des Bundestages, werden 70-80 Prozent der Entscheidungen einstimmig gefällt. Alle, von der CSU bis zur Linkspartei, ziehen an einem Strang. Kein Streit. Aber auch: Keine Fernsehkamera.

Streit ist im Bundestag also die Ausnahme, Konsens die Regel. Nicht spannend, nicht im Fernsehen, aber die Basis eines kollegialen Miteinanders über alle Parteigrenzen hinweg. Auch das zweite Vorurteil geht auf die Fernsehberichterstattung zurück. Zappt man bei Phoenix vorbei oder sieht in den Nachrichten den Plenarsaal, ist der oft nur zu einem Drittel gefüllt. Da die Tätigkeit von Abgeordneten oft mit dem Satz „XY sitzt im Bundestag“ zusammengefasst wird, könnte man bei diesen Bildern meinen, dass die meisten Abgeordneten gerade Blau machen.

Auch hier ist die Realität komplizierter. Die beiden Plenartage in den Sitzungswochen – in der Regel Donnerstag und Freitag – beginnen jeweils um 9 Uhr morgens. Ohne Pause gibt es dann, besonders am Donnerstag, oft bis spät abends Debatten. Ab und zu sogar noch länger. Mal bis Mitternacht, auch mal bis 3 Uhr nachts. In meiner Zeit im Bundestag habe ich sogar eine Tagesordnung erlebt, die eine Debatte bis 9:05 Uhr am nächsten Morgen vorsah – 24:05 Stunden.

Ich denke nicht, dass die UN-Antifolterkonvention solche Debatten abdeckt, eine Qual sind sie allemal. Kein Mensch kann über so viele Stunden konzentriert den Redebeiträgen lauschen. Nicht alle Themen sind spannend. Auch die Novellierung der Hufbeschlagverordnung muss beraten werden. Bedenken muss man zudem: Die Abgeordneten kennen die behandelten Themen bereits. Aus Arbeitstreffen, Fraktionssitzungen und Ausschussberatungen. In diesen Werkstätten wurde bereits an allen Beschlüssen ausgiebig gefeilt, der Plenarsaal ist am Ende nur das Schaufenster des Parlaments.

Das heißt: Es gehen nur die wirklich mit dem Thema befassten Abgeordneten zu den Debatten. Alle anderen sind dort wo die eigentliche Arbeit stattfindet. In ihren Büros – wo sie der Debatte im Bundestagsfernsehen folgen können, in Arbeitskreisen und Gremien. Um dies sicherzustellen gibt es in Sitzungswochen eine Anwesenheitspflicht, die man mit Unterschrift bezeugen muss und in der Verstöße finanziell bestraft werden. Fehlt ein Abgeordneter unentschuldigt, werden ihm an Tagen ohne Plenarsitzung 100 Euro, an Tagen mit Plenarsitzung 200 Euro vom Gehalt abgezogen. Entschuldigt er sich schriftlich beim Bundestagspräsidenten, zahlt er in beiden Fällen (!) 100 Euro. Nur wer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beilegt, kann auf mehr Milde hoffen: 20 Euro Strafe pro Tag. Das gleiche gilt für – übrigens vom Bundestagspräsidenten zu genehmigende – Dienstreisen: 20 Euro. Nur bei Schwangerschaft, Mutterschutz und einem kranken Kind, um das sich nachweislich niemand anderes kümmern kann, darf man straffrei fehlen. Familienfreundlich.

Dazu kommen die Strafen für verpasste Namentliche Abstimmungen, von denen es in der Regel in jeder Sitzungswoche mehrere gibt. Jede schlägt mit 100 Euro zu Buche. Die Fraktionen haben zudem noch einen eigenen Strafenkatalog: Hier wird nochmal für verpasste Präsenztage und Abstimmungen kassiert, zudem auch für verpasste Fraktionssitzungen.

Faul sein wird also teuer. Und auch wer meint, es sich finanziell leisten zu können, ist vor Strafe nicht sicher. Die Hauptstadtpresse ist nämlich aufmerksam und registriert jede verpasste Abstimmung. Das mussten unter anderem schon Carl-Eduard von Bismarck - Rücktritt - und Peer Steinbrück – versauter Wahlkampf – merken.

Aber über diese Beispiele darf man nicht vergessen: Die allermeisten Abgeordneten, arbeiten engagiert, fleißig und leidenschaftlich gerne für die Bürger. Oft im Kleinen, leise und unbemerkt. Was mich freut: Zumindest 12.000 Menschen konnte ich dies näher bringen. Sie sind Botschafter für den Ruf unseres Parlaments.

tl;dr: Der Bundestag ist besser als sein Ruf. Konsens ist die Regel, Faulenzer werden bestraft.