Mittwoch, 12. Februar 2014

Willich: Wer ist schuld am Ende des Krankenhauses?

Nicht nur illegal, sondern auch sachlich falsch: Graffiti in Willich.
Am Anfang steht ein Wert, der sich über Jahrhunderte entwickelt hat: Karitas. Die tätige Nächstenliebe. Sie ist der Grund, weshalb sich unsere Gesellschaft um Kranke kümmert, sie pflegt und - wenn möglich - heilt. Sie ist der Grund, weshalb sich unsere Gesellschaft ein staatliches Gesundheitssystem leistet und auch dafür, dass es Krankenhäuser gibt. Karitas ist dabei von jeher uneigennützig. Unser Gesundheitssystem ist es nicht mehr. Heute hat die Marktwirtschaft in der Gesundheitsbranche Einzug gehalten, mit allen Auswirkungen. An die Stelle der Karitas ist der wirtschaftliche Nutzen getreten. Wer in welchem Maße medizinisch versorgt wird, darüber entscheidet plötzlich die Kosten-Nutzen-Analyse. Ich finde diese Entwicklung falsch und bedauerlich. Aber egal, ob man diese Änderungen für gut oder schlecht hält, auch vor Willich machen sie nicht halt. 

Das Katharinen-Hospital gehörte seit seiner Gründung im Jahr 1872 der katholischen Pfarrgemeinde. Am 01. Juli 2007 übergab sie es einem katholischen Unternehmen, den St. Augustinus-Klinken aus Neuss. Dafür bekam die Pfarre kein Geld, im Gegenteil: Sie übergab dabei noch sieben Millionen Euro an die Firma. In Zeiten zurückgehender Kirchensteuereinnahmen und einer unsicherer werdenden Krankenhauslandschaft erschien dies der Pfarre als ein guter Deal. Man selber wurde ein Risiko los und das Krankenhaus blieb erhalten. Heute wissen wir: Der zweite Teil dieser Einschätzung war falsch. Mitte des Jahres werden die Augustinus-Kliniken ihre Willicher Filiale schließen.

Aber wieso? Die Augustinus-Kliniken schreiben schwarze Zahlen, sollten also eigentlich ein erfolgreiches Beispiel für die Neuorganisation des Krankenhausmarktes sein. Auch das Willicher Krankenhaus hat wirtschaftlich gearbeitet. Zwar wurden die Rücklagen des Katharinen-Hospitals nach und nach aufgebraucht, aber dies wohl vor allem für Investitionen (wie den Containeranbau am Hospital) und weil Geld an verbundene Unternehmen (also die anderen Krankenhäuser der Gruppe) abgeführt wurde. Also nochmal: Wieso wird ein rentables Krankenhaus geschlossen? Der Grund ist einfach: Wohin werden die Willicher Patienten - ohne eigenes Hospital - wohl künftig fahren? Mit dem Neuwerker und dem Johanna-Etienne-Krankenhaus sind zwei andere Kliniken der Firma in unmittelbarer Nähe. Die Augustinus-Kliniken haben mit dem Willicher Krankenhaus Gewinne gemacht. Ohne machen sie noch mehr. Karitas wurde durch Profit ersetzt.

Hätte die Willicher Politik von dieser Entwicklung wissen müssen? Ein klares Nein! Die Augustinus-Kliniken sind ein Unternehmen und handeln auch so. Man kann das bedauern, aber ändern tut es nichts. Die Stadt Willich hat keine Aktien in diesem Spiel. Genau wie die Parteien wurde sie auch erst am 07. Oktober 2013 über die Entscheidung zur Aufgabe der Klinik informiert. Vor diesem Hintergrund werden auch die selbsternannten Propheten von der FDP, die angeblich schon 2008 (also vor mehr als fünf Jahren und erst ein Jahr nach der Übernahme des Krankenhauses) vor diesem Ende gewarnt haben, wieder auf Zwergenmaß geschrumpft. Denn im August 2008 behaupteten die Liberalen, dass die Klinik finanzielle Probleme habe. Nachweislich war dies falsch: Das Willicher Krankenhaus war ja rentabel. Einen solchen Schuss ins Blaue als Weitsicht zu verkaufen, das kann nur der FDP im Wahlkampf einfallen.


P.S.: In Sachen Grafitti ermittelt die Polizei. Wer etwas gesehen hat, kann sich hier melden.


tl;dr: Das Willicher Krankenhaus wurde für den Profit geopfert. Schuld tragen die Augustinus-Kliniken, nicht die Stadt.