Wahlkampf in New Hampshire. |
Diesen ersten Stimmungstest in Iowa hat bei den Demokraten Hillary Clinton und bei den Republikanern Ted Cruz gewonnen. Viel wichtiger als diese Siege selbst ist hingegen die Frage nach dem Momentum. Es ist der Schwung, den man aus diesen Abstimmungen mitnimmt. Er entsteht indem man souverän siegt, aber auch indem man besser abschneidet als gedacht. Entsprechend schlecht ist es daher, wenn man die öffentlichen Erwartungen nicht erfüllen kann.
Weshalb das Momentum so wichtig ist? Parteien nach deutschem Vorbild, die eine Kandidatur tragen, gibt es in den USA nicht. Die Kandidaten müssen ihre Kampagnen über einen langen Zeitraum privat finanzieren und organisieren. Dazu Geld und Unterstützer in ausreichender Menge zu gewinnen, ist kein Selbstläufer. Die letzte Vorwahl findet erst im Juli statt. Nur wer bei seinen Anhängern den Glauben an den Erfolg wach halten kann, hat eine Chance soweit zu kommen.
Deshalb gaben bereits nach der Wahl in Iowa die Ersten auf: Rand Paul, Mike Huckabee und Rick Santorum bei den Republikanern, sowie der Demokrat Martin O’Malley. Schon jetzt ist sicher: Auch nach dem Wahltag in New Hampshire wird das Kandidatensterben weitergehen. Gerade das Lager der moderaten Republikaner setzt auf Erfolge im liberalen Ostküstenstaat. Wer hier verliert, für den wird es schwer.
Wer also heute Nacht um zwei Uhr deutscher Zeit nicht schlafen muss, sollte CNN schauen. Spannend wird es in jedem Fall. Für mich geht es vor allem um folgende fünf Fragen:
1. Bei den Demokraten geht es eigentlich nur um eins: Wie hoch gewinnt Bernie Sanders? Der Senator liegt in den Umfragen seit langem vor Hillary Clinton. Kein Wunder, liegt sein Heimatstaat Vermont doch gleich nebenan. Hillary Clinton will Sanders nach ihrem Zittersieg in Iowa jedoch keinen Triumph ermöglichen. Sie möchte mit einem Achtungserfolg in die kommenden Vorwahlen in South Carolina und Nevada gehen. Dort liegt sie klar vorne - noch.
2. Alle Augen auf Marco Rubio: Er gilt als heimlicher Hoffnungsträger des republikanischen Establishment, spätestens seit er in Iowa überraschend einen starken dritten Platz erreicht hat. Bei der darauf folgenden Fernsehdebatte der Republikaner blamierte er sich jedoch bis auf die Knochen, als er ein offensichtlich auswendig gelerntes Statement unter Druck dreimal hintereinander wiederholte. In den vergangenen Jahren stolperten bereits andere Kandidaten über relativ kleine Fehler: Rick Perry wurde sein Oops-Moment zum Verhängnis, Howard Dean der schon legendäre Dean-Scream. Was trotzdem für Rubio spricht: Viele Republikaner sehen in ihm die einzige Chance eine Präsidentschaftskandidatur der beiden Hardliner Donald Trump oder Ted Cruz zu verhindern.
3. Wie schneidet Ted Cruz ab? Den letzten republikanischen Gewinnern des Iowa Caucus war stets nur kurzer Ruhm beschieden. Sowohl Rick Santorum 2012 als auch Mike Huckabee 2008 gewannen zwar im mittleren Westen, bei den weniger konservativen Wählern im Rest des Landes hatten sie aber keine Chance. Ted Cruz muss heute Abend zeigen, ob er aus einem anderen Holz geschnitzt ist. Dabei belastet ihn der Vorwurf, dass er sich in Iowa schmutziger Tricks bedient habe. Sein Team verbreitete kurz vor der Wahl auf Twitter das Gerücht, dass Ben Carson – der mit ihm um die gleichen Wähler buhlt – aus dem Rennen ausscheiden wird. Cruz Problem: Der Sender CNN, auf den er sich als Quelle bezog, hatte etwas nur von einem kurzem Zwischenstop in Florida berichtet.
4. Donald Trump und die Mobilisierung: Seit Monaten liegt der New Yorker Unternehmer in Umfragen auch in New Hampshire mit weitem Abstand auf Platz 1. In Iowa hat sich jedoch gezeigt, dass dies nicht unbedingt etwas bedeuten muss. Ganz offensichtlich hat Trump ein Problem, seine Fans auch an die Wahlurne zu bekommen. Das einfachere Wahlsystem einer Primary dürfte ihm diesmal nutzen - an seinem Sieg gibt es eigentlich keine Zweifel. Aber auch hier wird die Höhe entscheidend sein.
5. Der Mann aus Ohio: John Kasich könnte einer der Gewinner des Abends werden. Seinen Wahlkampf stützt der Gouverneur des wichtigen Swing-State Ohio ganz auf New Hampshire. Mit über 100 Town-Hall-Meetings hat er hier mehr Termine gemacht als alle anderen Kandidaten. Ganz bewusst hat er dafür auf ein gutes Ergebnis in Iowa verzichtet. Das könnte sich nun auszahlen: Mehrere Umfragen in den vergangenen Wochen sehen ihn auf Platz 2. Für ihn wäre das der Boost, der ihn in die kommenden Vorwahlen tragen kann. Sollte es ihm gelingen, Jeb Bush, Chris Christie oder sogar Marco Rubio - die allesamt um dieselben Wähler buhlen - hinter sich zu lassen, könnte er vom bisher unbekanntesten Kandidaten noch zu einem wichtigen Faktor werden. Gleiches gilt aber auch für Bush und Christie: Sollten sie heute Abend überraschen, könnten sie schnell zu Hoffnungsträgern im gemäßigten Lager mutieren.
Mein Herz schlägt bei dieser Vorwahl jedoch besonders für John Kasich. Er hat sich in den vergangenen Monaten mit einer positiven, aber dadurch oft leisen Botschaft hervorgetan. Er wolle kein „prince of darkness“ sein, sondern Hoffnung verbreiten. Die Probleme in Amerika seien schließlich lösbar. Das wäre doch eine schöne Botschaft: Am Ende der lauten Medienschlacht gewinnt einer, der sich nicht daran beteiligt hat.
tl;dr: Heute wird in New Hampshire gewählt, das Ergebnis wird das Rennen um das Weiße Haus entscheidend verändern. Fünf Punkte dürften wichtig werden.