Mittwoch, 30. April 2014

Tod einer Zeitung

Hail Mary heißt im American Football ein Pass, mit dem ein sicher verlorenes Spiel doch noch gewonnen werden soll. In den letzten Sekunden wirft der Quaterback den Ball über das ganze Spielfeld in die Endzone. Gegen jede Wahrscheinlichkeit hofft er, dass der Pass dort gefangen wird.

Hail Mary ist die Hoffnung auf ein Wunder. Ein Spielzug gewordenes Stoßgebet. Es ist etwas, dass man nur versucht, wenn alle anderen Möglichkeiten erschöpft sind. Nur wenn es keine Chance mehr gibt.

Ein solches Wunder in letzter Sekunde versucht die Westdeutsche Zeitung. Ende März sickerte durch, dass der Giradet-Verlag massive Kürzungen beim Personal der Zeitung plant. Die Redaktion soll von 100 auf 50 Stellen reduziert werden. Besonders die Lokalredaktionen wären davon betroffen, nur in Düsseldorf, Krefeld und Wuppertal sollen sie bestehen bleiben. Der Lokalteil soll künftig von der Rheinischen Post geliefert werden. Es ist der letzte Pass.

Für Willich heißt das: Die Presselandschaft wird ärmer. Schon jetzt ist sie mit zwei Tageszeitungen mit Lokalteil und zwei Wochenblättern, die zudem aus demselben Haus kommen, nicht unbedingt riesig.

Zugegeben: Über die Westdeutsche Zeitung habe ich mich in meinem politischen Leben öfters geärgert als über die Rheinische Post. Egal ob als Ratsmitglied, Ausschussvorsitzender, Vorstandsmitglied in JU und CDU oder als Wahlkampfleiter während der Kampagne zur Kommunalwahl 2009. Nicht wegen einer immer unterstellten Nähe der RP zur CDU, sondern weil die Arbeitsmethoden der beiden Redaktionen sich unterscheiden. Grobe, teilweise auch mal absurde Vorwürfe des politischen Gegners hat die WZ immer gerne gedruckt. Im sicheren Wissen, dass wir uns schon noch äußern würden. So war der Lokalteil auch am nächsten Tag gefüllt. Für Leser interessant, für Ehrenamtler oft stressig. Zudem leider die Tatsache ignorierend, dass von jedem gedruckten Vorwurf – egal wie gut er am nächsten Tag widerlegt wird – etwas hängen bleibt.

Und trotzdem: Mit der WZ verschwindet ein Stück Qualität und Vielfalt. Die betroffenen Redakteure vor Ort haben sich nichts vorzuwerfen. Im Gegenteil: Es war der Lokalteil der die Zeitung bisher am Leben gehalten hat. Zumindest in meinem Bekanntenkreis hat niemand die Westdeutsche wegen ihres Mantelteils abonniert.

Klar, der Zeitungsmarkt ist im Wandel. Print hat es schwer. Die Zahl der Abonnenten schrumpft. Aber ob ausgerechnet ein Kahlschlag beim Personal und somit letztlich ein Verlust bei Breite und Tiefe eine Zeitung retten kann, wäre erst noch zu beweisen. Bisher ist das der Weg, den alle sterbenden Printmedien gehen. Ein Touchdown ist dabei keiner Zeitung gelungen. Die WZ braucht ein Wunder.


tl;dr: Die Westdeutsche Zeitung kränkelt, aber die geplanten Reformen werden sie umbringen.