Mittwoch, 23. April 2014

Tansania 2003: Drei Mann in einem Lastwagen

Warten ist normal in Tansania. Das Land ist eben groß, die Infrastruktur nun mal schlecht. Für uns Europäer, die so etwas nicht gewohnt sind, ist das oft eine harte Probe. Von Europäern hört man deshalb oft erklärend die Buchstaben TIA - This is Africa. Die Einheimischen haben dafür einen eigenen Begriff: Pole Pole, was in etwa heißt „Nur mit der Ruhe“ oder „Mal langsam“.

Was mein Vater und ich in unseren ersten zwei Wochen in Tansania an Bürokratie erleben mussten, um die drei Lastwagen mit Hilfsgütern vom Hafen in Daressalam auf die Straße zu bekommen, hat trotzdem alle Befürchtungen übertroffen.


Einer unserer Bedford-LKW.
Während ich meine Zeit auf dem Gelände des TEC verbringe, klappert mein Vater die Behörden ab. Drei Fachverwaltungen, mehrere Agenturen, etwa 20 Schreibtische und gefühlte 50 Beamte müssen konsultiert werden. Da ist es schon ein Highlight, dass mein Vater die LKWs nach mehreren Tagen erstmals - natürlich unter Zollaufsicht - in Augenschein nehmen darf. Die gute Nachricht: Alles scheint noch ganz zu sein. Zur Verteidigung der tansanischen Behörden sei jedoch gesagt: Daressalam ist einer der wichtigsten Häfen in Ostafrika. Hier werden nicht nur Waren für Tansania, sondern für die gesamte Region umgeschlagen. Die hohe Kriminalität und besonders die Korruption machen zahlreiche Kontrollen nötig. In den Büros, die oftmals ohne Computer arbeiten, türmen sich die Warenbegleitpapiere. Ein tansanischer Feiertag, an dem die Zollbehörden nicht arbeiten, hält uns zusätzlich auf. Jedoch sorgt er auch für ein verlängertes Wochenende, das wir nutzen wollen.


Überall Kinder.
Der Busbahnhof in Daressalam ist ein Erlebnis für sich. Sofort wenn man ankommt versuchen findige Geschäftemacher einen in einen Bus zu lotsen, in den man gar nicht will. Wieder andere versuchen die Taschen in ihren Bus zu laden, wieder mit anderem Bestimmungsort. Dodoma, Tanga, Arusha, Moshi: Passt man nicht auf, kann man hier sein Hab und Gut in alle Himmelsrichtungen auf die Reise schicken. In einem der knallbunt bemalten Überlandbusse - einige der Busse schmücken auch Portraits von Saddam Hussein - geht es aber schließlich auf die etwa 200 Kilometer lange Fahrt zum richtigen Ziel: Morogoro.

Um die Straßen zu schonen, gibt es an vielen Überlandstrecken sogenannte Weighbridges. Lastwagen und Busse werden hier gewogen. Ist der Wagen zu schwer beladen oder besetzt muss der Besitzer Gebühren zahlen. Unser Bus hält etwa 500 Meter vor dieser Waage und lässt überzählige Passagiere aussteigen. Hinter der Weighbridge werden diese dann wieder eingesammelt. TIA.


Elefant im Mikumi-Nationalpark.
Das Wochenende bei Pater Evod Shao in Morogoro nutzen wir um von der Leprahilfe geförderte Projekte zu besuchen. Unter anderem Kindergarten und Vorschule, in denen über 50 Kinder und Jugendliche erstmals mit Schulbildung in Kontakt kommen. Etwa 20 junge Frauen werden hier zudem im Schneiderhandwerk ausgebildet. Kindergarten, Nähschule und Nähmaschinen wurden von der Aktion Mission und Leprahilfe finanziert. Ein weiterer Tagesausflug, den Evod organisiert hat, führt uns in den kleinen Mikumi-Nationalpark. Die Abwechslung tut uns gut. Hier sehe ich meine ersten Elefanten, Giraffen und Löwen in freier Wildbahn.

Zurück in Daressalam geht der Kampf mit den Behörden weiter. Eigentlich hatten wir für die Abholung und das Wegbringen der LKW eine Woche eingeplant. Am Ende kostet uns alleine die Bürokratie zwei volle Wochen. Erst ein Empfehlungsschreiben der tansanischen Bischofskonferenz öffnet die entscheidenden Türen. Bischof Justin Samba aus Musoma hat sich persönlich eingesetzt. Abends um 20 Uhr, in Afrika ist bereits dunkle Nacht, verlassen unsere drei Bedfords endlich den Hafen. Um ein Nummernschild für die 8-Tonner zu bekommen, müssen wir am kommenden Morgen jedoch noch den Polizeipräsidenten bemühen. Wir haben Glück, dass er katholisch ist.


Unser guter Begleiter: Dismas Samballa.
Unseren Gastgebern im TEC, die die Abwicklung eigentlich erledigen sollten, ist das Ganze äußerst unangenehm. Vor allem, weil auch hohe Standgebühren im Hafen aufgelaufen sind. Dazu kommt der Überfall. Um uns vor weiteren Zwischenfällen zu schützen, entscheiden sie einen Mitarbeiter als unseren Begleiter mitzuschicken. Dismas Samballa, der dafür ausgewählt wird, ist von der Idee - wie er uns später erzählt - zunächst gar nicht begeistert. Er hat nur gehört, dass die beiden Weißen ziemlich genervt seien. Aber: Die gemeinsame Fahrt lässt alle Sorgen vergessen. Endlich raus auf die Straße. Drei Mann in einem Lastwagen.

Alle Artikel über meine Zeit in Tansania gibt es hier.


tl;dr: This is Africa. Der Kampf gegen die Bürokratie hat fast zwei Wochen unserer Zeit in Tansania verschlungen.