Willich: Die Wahlplakate der Grünen
Es tobt ein Glaubenskampf in Deutschlands Parteien. Er ist so alt wie die Einführung des sogenannten Hohlkammerplakats. Dieses Gebilde aus dem Kunststoff Polypropylen hat die Parteivorstände unerbittlich in Befürworter und Gegner gespalten. Die Argumente sind längst ausgetauscht, die Fronten verhärtet. Die Liebe zum Hohlkammerplakat speist sich aus den Problemen, die die klassischen Papierplakate machen. Ihre Holzrahmen sind unhandlich zu lagern, zu transportieren und aufzubauen. Sie müssen mühsam gereinigt und zeitaufwendig plakatiert werden.
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Plakat 2014. |
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Plakat 2014. |
Aber: Auch die Hohlkammerplakate haben ihre Nachteile. Zwar sind sie leicht aufzuhängen, aber spätestens nach zwei Wochen am Laternenmast sind die Plakate geknickt, bis auf den Boden heruntergerutscht oder vom Wind so gedreht, dass sie von der Straße nicht mehr gesehen werden können. Werden sie beschmiert, sind sie hin. Anders der Klassiker: Das Papierplakat steht in der Regel bombenfest - immer in idealer Sichthöhe für den Autofahrer. Wird es beschmiert oder abgerissen kann es fix überklebt werden.
Für die Plakatierungskommandos der Parteien ist das Hohlkammerplakat die einfachere Wahl, die bessere Wirkung - finde zumindest ich - erzielt sein älterer Bruder aus Papier. Deshalb bin ich ein Anhänger des Papierplakats: Der Köder muss schließlich dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.
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Plakat 2014. |
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Plakat 2014. |
Die Willicher Grünen scheinen dies ähnlich zu sehen. Als einzige Partei haben sie im Kommunalwahlkampf komplett auf Papier gesetzt. Nicht umsonst haben sie damit einen sehr gepflegten Eindruck erzielt.
Bei der Gestaltung haben sich die Grünen an der zeitgleich laufenden Europawahlkampagne ihrer Bundespartei orientiert. Bilder und Texte haben jedoch lokalen Bezug. Bei der Kommunalwahl 2009 haben die Willicher Grünen, die auch damals ohne eigenen Spitzenkandidaten in die Wahl gingen, auf ihren Plakaten als einzige Partei keine Personen gezeigt sondern komplett auf Inhalte gesetzt. Bei dieser Kommunalwahl verfügten sie deshalb schon über einiges an Erfahrung, während die Themenplakate der Sozialdemokraten in diesem Jahr eine Premiere darstellten.
Auch in diesem Jahr haben die Grünen dabei eine solide Arbeit abgeliefert. Die Themenplakate sind so angelegt, das sie keine Gegenmobilisierung auslösen. Dass das nicht ganz einfach ist, hat in diesem Jahr die SPD gezeigt. Man hat den Eindruck: Bei den Grünen hat man durchaus einige Gedanken an die Plakate verschwendet. Ein Kompliment das man auch in diesem Jahr nicht allen Parteien machen konnte.
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Plakat 2009. |
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Plakat 2009. |
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Plakat 2009. |
Trotzdem: Ich persönlich fand die Plakate vor fünf Jahren besser. Die Texte waren griffiger und direkter, die Bilder besser. Letzteres hat aber sicher auch mit dem Fotografen zu tun: Mein ehemaliger Kommilitone Stefan Finger - der an der Kampagne der Grünen im Jahr 2009 mitgewirkt hat - wurde mit seinen Fotos schließlich nicht von ungefähr im Jahr 2013 für den CNN-Journalistenpreis nominiert. Bei den Slogans hat man in diesem Jahr jedoch nachgelassen. Zwar sind sie kürzer, aber „Heute für morgen planen.“ oder „Energie aus Willich.“ kommen ziemlich harmlos daher. Ein simples Ausrufungszeichen hätte hier schon viel verbessert. Zudem ging mir nicht auf, was der Wasserturm im Stahlwerk Becker, der einem privaten Investor gehört, mit einem öffentlichen Leuchtturmprojekt zu tun hat. Am besten gefallen hat mir von daher das Motiv „Angebote statt Zäune.“ Hier sind die Grünen - ohne die inhaltliche Aussage zu bewerten - wieder ganz konkret.
Etwas möchte ich zudem auch noch loben: Auf eine Peinlichkeit, wie das Hundeplakat von 2009 haben die Grünen in diesem Jahr verzichtet. Fast schon schade, dass es 2009 noch keine #WahlplakatefromHell gab...
tl;dr: Ein Glaubensstreit unter Wahlkämpfern: Papierplakat oder Hohlkammer?