Meinungsfreiheit, Artikel 5 des Grundgesetzes. Eines der Grundrechte, auf das sich in Deutschland am liebsten berufen wird. Gerade im Internet. Was dieses Recht beinhaltet, dazu darf jeder seine eigene Meinung haben. Gedeckt durch die Meinungsfreiheit. Richtig müssen diese Auslegungen deshalb noch lange nicht sein.
Dafür ist die aktuelle Diskussion um Äußerungen von Xavier Naidoo, der vor einigen Tagen auf einer Demonstration jede Menge wirres Zeug geredet hat, ein schönes Beispiel. Die Demonstranten waren selbsternannte Reichsbürger. Menschen also, die meinen, dass die Bundesrepublik ein unrechtmäßiger Staat sei, da wir noch im Deutschen Reich lebten. Die Mannheimer Popakademie, zu deren Initiatoren Naidoo zählt, hat sich deshalb öffentlich von ihm distanziert.
Bei Facebook mokieren sich darüber in den Kommentarspalten nun sowohl seine Fans, als auch die Fans der Reichsbürger. Der Vorwurf: Naidoo habe doch nur von seiner Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht. Es sei eine Einschränkung dieser Freiheit, wenn das nun Konsequenzen nach sich ziehe.
Bei Facebook mokieren sich darüber in den Kommentarspalten nun sowohl seine Fans, als auch die Fans der Reichsbürger. Der Vorwurf: Naidoo habe doch nur von seiner Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht. Es sei eine Einschränkung dieser Freiheit, wenn das nun Konsequenzen nach sich ziehe.
Krude Ansichten: Keine Meinungsfreiheit in Deutschland? |
Zum ersten: Das Grundgesetz regelt das Verhältnis von Bürger und Staat. Nicht das zwischen den Bürgern. Ganz bestimmt nicht das zwischen Bürgern und Popakademie. Schlauberger haben längst bemerkt: Auch vor dem Verfassungsgericht kann man deshalb nur gegen den Staat, nicht aber gegen seinen Nachbarn klagen. Würde ein staatliches Gesetz die Meinungsfreiheit einschränken, könnten Bürger hier gegen die Bundesrepublik vorgehen. Könnten, denn praktisch ist das bei der Meinungsfreiheit etwas schwieriger.
Damit wären wir beim zweiten Punkt: Den Schranken. Grundsätzlich unterliegt ihnen jedes Grundrecht. Zum Beispiel den verfassungsimmanenten Schranken. Das bedeutet: Es findet seine Grenzen in den anderen Grundrechten. Beispiel: Zwar ist die Religionsfreiheit in Artikel 4 verankert, trotzdem wird sie aber in ihrer Ausübung durch die Menschenwürde (Artikel 1) beschränkt. Religiös motivierte Menschenopfer sind also nicht drin…
Einige Artikel, so auch die Meinungsfreiheit, sind zudem noch stärker - durch einen qualifizierten Gesetzesvorbehalt - eingeschränkt. Schließlich heißt es im Artikel 5 nicht nur: (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. Sondern auch: (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. Konkret heißt das: Zwar kann nicht jedes Gesetz dieses Grundrecht einschränken (um es kompliziert zu machen: nicht jedes Gesetz ist allgemein), aber sehr wohl ein einfaches Gesetz das nicht gegen die Werte des beeinträchtigten Grundrechts verstößt.
Der entscheidende Punkt ist jedoch der Dritte: Meinungsfreiheit heißt nicht, dass man mit seiner Meinung immer richtig liegt. Zwar ist auch die Meinung von Xavier Naidoo von unserer Ordnung geschützt, die der Popakademie über Naidoo jedoch auch. Auch wenn es weh tut: Wer seine Meinung äußert, muss auch ertragen, dass es andere Meinungen und ab und zu auch Konsequenzen gibt. Leider scheint dies nicht jedem gegeben zu sein…
tl;dr: Das Beispiel Xavier Naidoo zeigt: Die Meinungsfreiheit ist keine Freiheit von Konsequenzen.