Wenn heute Abend um Punkt 18 Uhr die Wahllokale schließen und die Prognosen über die Bildschirme flimmern, haben wir alle einen ersten Eindruck wie die Wahl ausgegangen ist. Für viele ist das Zittern dann aber noch längst nicht vorbei. Die 299 kleinen Wahlen die mit der Erststimme entschieden werden, geraten viel zu oft aus dem Blick. Deshalb - und weil man an einem solchen Wahlsonntag zu viel Zeit hat - ein paar Hinweise:
Folgende Wahlkreise dürften spannend werden:
In Wahlkreis 16 (Mecklenburgische Seenplatte) hat die CDU alles aufgeboten um ihren neuen Kandidaten Philipp Amthor in den Bundestag zu bringen und einen Sieg der AfD zu verhinden. Wenn die irgendwo die Chance auf ein Direktmandat hat, dann hier.
In Nienburg II (WK 40) tritt MdB Maik Beermann an. Zwar konnte er den Wahlkreis beim letzten Mal nicht gewinnen, aber sein damaliger Konkurrent Sebastian Edathy ist nicht mehr da. Weshalb dürften die meisten noch wissen. Ob die Geschichte Maik Beermann nützt? We will see.
Wenn Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ihren Wahlkreis Hannover II (WK 42) gewinnen sollte, wäre das eine Sensation. Abzeichnen tut sich das nicht. Aber: Auch ihr Listenplatz 1 - als Spitzenkandidatin der niedersächsischen Union – könnte für sie nicht zum Wiedereinzug in den Bundestag reichen. Zu viele CDUler könnten ihre Wahlkreise direkt holen. Tröstlich: Um Ministerin zu bleiben, braucht man kein Bundestagsmandat.
Richtig knapp dürfte es in Berlin werden. Der Wahlkreis Mitte (WK 75) wurde schon bei den letzten Wahlen mit der geringsten Anzahl an Erststimmen gewonnen. Bislang von Eva Högl, aber CDU, Linke und Grüne befinden sich in Schlagdistanz. Auch ein anderer Berliner Wahlkreis verspricht ein knappes Rennen: In Neukölln (WK 82) liegen Fritz Felgentreu und Christina Schwarzer Kopf an Kopf.
Der überraschende Abschied von Ronald Pofalla ließ am Niederrhein die Wellen hoch schlagen. In seinem alten Wahlkreis Kleve (WK 112) tritt die CDU nun mit dem Neuling Stefan Rouenhoff an. Seine Gegenspielerin: Niemand geringeres als Umweltministerin Barbara Hendricks. Am schwarzen Niederrhein sollte die Sache dennoch klar ausgehen.
Spannung der ganz besonderen Art verspricht der Wahlkreis Landsberg-Starnberg (WK 224), den er wurde zu dieser Wahl ganz neu geschnitten. Gewinn- und Verlustrechnungen werden also schwer. Im Gegenzug verlor Thüringen einen Bundestagswahlkreis.
Abschiede:
Bei dieser Wahl treten viele bekannte Gesichter nicht mehr an. So die ehemalige Staatssekretärin Katharina Reiche (WK 61 – Potsdam) die schon im Laufe der Legislaturperiode ausgeschieden ist, ebenso wie ihr Kollege Steffen Kampeter (WK 134 – Minden-Lübbecke I) und Kanzleramtsminister a.D. Ronald Pofalla (WK 112 – Kleve), seine Kollegin Annette Schavan (WK 291 – Ulm), der neue baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (WK 267 – Heilbronn) und CSU-Parteirebell Peter Gauweiler (WK 220 – München-Süd).
Der ehemalige Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Christoph Bergner (WK 72 – Halle), tritt nicht mehr an. Wolfgang Bosbach (WK1 100 – Rheinisch-Bergischer Kreis) hört auf, genau wie CDU-Sozialexperte Karl Schiewerling (WK 127 – Coesfeld – Steinfurt) und Ex-Verteidigungsminister Franz Josef Jung (WK 184 – Groß-Gerau), Alterspräsident Heinz Riesenhuber (WK 181 – Main-Taunus) und Altlast Erika Steinbach (WK 183 – Frankfurt am Main II) ebenfalls. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeld (WK 216 – Fürstenfeldbruck) tritt nicht mehr an, Unionsvize Michael Fuchs (WK 200 – Koblenz), Ex-Staatsministerin Maria Böhmer (WK 208 – Ludwigshafen), Vizepräsident Johannes Singhammer (WK 218 – München Nord), der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses Clemens Binninger (WK 260 – Böblingen) auch nicht. Dagmar Wöhrl (WK 244 – Nürnberg-Nord) wechselt die Bühne und ist künftig als Jurorin in der Höhle der Löwen zu sehen.
Die größte Veränderung steht im Haushalt Schröder an, denn sowohl Staatsekretär Ole Schröder (Wahlkreis 007 – Pinneberg) als auch seine Frau, die Ministerin a.D. Kristina Schröder (WK 117 – Wiesbaden) orientieren sich beruflich neu – womit der Bundestag sein einziges Abgeordneten-Ehepaar verliert.
Peter Hintze (WK 102 – Wuppertal), Philipp Mißfelder (WK 121 – Recklinghausen I) und Andreas Schockenhoff (WK 294 – Ravensburg) verstarben während der Wahlperiode.
Insgesamt treten bei der Union 50 MdBs nicht mehr als Kandidaten in ihren Wahlkreisen an. Bei der SPD, ist der Umbruch mit 31 MdBs nicht ganz so groß. Trotzdem verlassen mit Edelgard Buhlmann (WK 42 – Hannover II), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (WK 60 – Brandenburg an der Havel) und Brigitte Zypries (WK 186 – Darmstadt) drei ehemalige oder aktuelle Minister die Fraktion. Dazu kommen Urgestein Joachim Poß (WK 123 – Gelsenkirchen), Verteidigungspolitiker Rainer Arnold (WK 262 – Nürtingen) und die „rote Elke“ Ferner (WK 296 – Saarbrücken).
Neue Namen:
Besondere politische Prominenz genießen bei der ersten Wahlkreiskandidatur naturgemäß die wenigsten Kandidaten, aber es gibt Ausnahmen: In Leipzig (Wk 152) kandidiert ein Weltmeister und Olympiasieger für die CDU. Nicht der Fußballer, aber der Radrennfahrer Jens Lehmann. Bei der SPD verfügen die ehemalige Generalsekretärin Yasmin Fahimi (WK 42 – Hannover II), die ehemaligen Landesvorsitzenden Christoph Matschie (WK 191 – Kyffhäuserkreis) und Nils Schmid (WK 262 – Nürtingen) über gewisse Prominenz. Der Neuling mit dem bekanntesten Namen ist aber sicherlich Bundesjustizminister Heiko Maas, der in Saarlouis (WK 297) gegen seinen Kabinettskollegen Peter Altmaier antritt.
Eine Besonderheit dieser Wahl, die vor allem auf den unerwartet großen Erfolg der Union bei der letzten Wahl zurückgeht: Einige der Wahlkreis-Debütanten sitzen bereits im Bundestag. Bei der letzten Wahl waren sie ohne Wahlkreis über die Reserveliste ins Parlament gekommen. Bei der Union gleich sechs: Yvonne Magwas (WK 166 – Vogtlandkreis), Johannes Steiniger (WK 209 – Neustadt-Speyer), Silke Launert (WK 237 – Bayreuth), Artur Auernhammer (WK 241 – Ansbach), Ronja Kemmer (WK 291 – Ulm) und Markus Uhl (WK 299 – Homburg). Bei der SPD gibt es nur eine solche Kandidatin: Sarah Ryglewski (WK 54 – Bremen I).
Namen die einfach jeder kennt:
Ein Name der im kommenden Bundestag in jedem Fall fehlen wird, ist Cajus Julius Caesar. Der CDUler tritt nicht mehr an (WK 135 – Lippe I). Ein ähnlich prominenter Name, die Linke-Bundestagskandidatin Mohamed Ali (WK 27 – Oldenburg-Ammerland) wird es wohl nicht in den Bundestag schaffen. Tröstlich ist, dass zumindest die Simpsons weiter im Bundestag vertreten sein werden: Dr. Nick (Wk 205 – Montabaur) hat beste Chancen für seine Wiederwahl.