Freitag, 5. September 2014

Willich: Autofrei in die Sackgasse

Keine Frage: Der Willicher Ortskern muss attraktiver werden. Über den richtigen Weg zu diesem Ziel wird derzeit gestritten. Durch eine Bürgerbefragung, die noch bis zum 08. September läuft und deren Ergebnis am 11. September im Stadtrat vorgestellt werden soll, dürfen die Willicherinnen und Willicher mitbestimmen. Konkrete Frage: Soll der Willicher Markt zur Fußgängerzone werden oder nicht. Um die nötigen Stimmen wird dabei mit allen Mitteln gekämpft. Plakate mit Bildern von überfahrenen Kindern oder vom geschlossenen Katharinen-Hospital sollen dabei Emotionen wecken. Aber eine solche Polarisierung ist irreführend. Bei der Abstimmung geht es nicht um mehr Verkehrssicherheit oder die Beseitigung aller Leerstände, sondern um eine Zukunft für unseren lokalen Einzelhandel. Es geht darum den Markt als Ortskern zu erhalten.

Deshalb halte ich die Idee in Willich eine Fußgängerzone einzurichten für falsch. In Willich gibt es nicht zu viele Autos, sondern zu wenig attraktive Läden. Egal wie hübsch und belebt die Grafiken in der Informationsbroschüre der Stadt aussehen: Auch nach Einrichtung einer Fußgängerzone wird die BHW keine Außengastronomie einführen. Könnte man auf diese Weise für mehr Leben im Ortskern sorgen, müsste Anraths Zentrum ein blühendes Beispiel für diese Behauptung sein. Ist es aber nicht.


Für die größten Probleme bei der Ansiedlung attraktiver Läden sorgen in allen unseren Stadtteilen zwei Faktoren: Zu kleine Ladenflächen und zu hohe Mieten. An anderer Stelle hatte ich bereits ausführlicher zu diesem Thema gebloggt. Ein gutes Beispiel für diese Tatsache kann man übrigens direkt am Markt besichtigen: Das Cafe Kleeberg. Erst als die Wirtschaftsförderung der Stadt das Gebäude gekauft, die Räumlichkeiten in Ordnung und den Laden zu einem vernünftigen Preis auf den Markt gebracht hat, wurde der langjährige Leerstand beseitigt. Das sich einige Willicher Wirte durch diese Aktion der Stadt bedroht sahen, zeigt allerdings auch deutlich eines der bisherigen Probleme auf.


Und nein: Ich möchte dabei nicht leugnen, dass der Markt dringend saniert werden muss. Aber ich bin mir sicher, dass man auch mit Autoverkehr einen attraktiven Platz schaffen kann. Um Verkehr zu leiten braucht man nicht unbedingt Poller, um einem Platz Aufenthaltsqualität zu verleihen nicht zwangsläufig Spielgeräte. Die Möglichkeit mit dem Auto zu halten, bleibt jedoch für viele Läden wichtig. Schließlich gibt es nicht nur Cafes am Markt.Was ich mich zudem frage: Was wird aus den Läden an der Peter- und der Bahnstraße? Sie können nicht oder nur indirekt von einer Umgestaltung des Marktplatzes profitieren. Bei einer Sperrung des Marktes plötzlich in einer engen Sackgasse zu liegen, wird ihnen aber schaden. Auch diese Straßen gehören zu unserem Ortskern.


In Willich kommt außerdem noch eine besondere Situation hinzu: Auch wenn alle Ladenlokale am Markt belegt wären und sogar alle Tische nach draußen stellen würden, bleibt eine Seite des Platzes eine kahle Kirchenwand. Das war zwar nicht immer so, aber von der alten Umbauung der Kirche ist nur das Hinzen-Häuschen geblieben. Hier würde ich mir wünschen, dass einmal über eine moderate Bebauung nachgedacht wird. Wenn neben Hinzen noch ein Cafe oder Restaurant auf den Platz ragen würde - oder ein Ladenfläche geschaffen würde, die auch für ein Geschäft wie H&M oder Strauss attraktiv wäre - wäre mehr gewonnen als durch jeden Umbau des Platzes. Für Schützenfest und die Tribüne bliebe trotzdem genug Raum.



Jede Menge Platz: An der Ostseite der Kirche steht nur ein Häuschen.
Statt beim Markt nur an der Oberfläche zu kratzen und sich um die Kosmetik zu kümmern, müsste nun endlich an den Gründen für die innerstädtische Misere gearbeitet werden. Dazu würde ich mir wünschen: Mehr Aktivität der Wirtschaftsförderung in der Innenstadt. Eine aktivere Zusammenarbeit der Immobilieninhaber untereinander, um endlich für größere Ladenlokale und fairere Mieten zu sorgen. Eine positivere Einstellung der Einzelhändler gegenüber Veränderungen und vor allem eine bessere Einstellung der Bürger gegenüber dem lokalen Einzelhandel. Jeder von uns meckert gerne über Leerstände, aber kaum jemand kauft seine Sachen noch beim Fachhändler vor Ort. Amazon, eBay und Zalando sind halt so gemütlich. Anfangen kann also jeder bei sich selbst: Internet aus und ab in die City. Aber darüber kann man nicht abstimmen - man muss es tun. 

tl;dr: Eine Fußgängerzone wird die Probleme der Willicher Innenstadt nicht lösen, sondern verschärfen.